Mai 2020 Blog

Loriot-Zitat „Früher war mehr Lametta“ - Kein Urheber­rechts­schutz für all­tägliche kurze Wort­folgen

In der Kürze liegt die Würze – nicht nur in der Werbung ist kurz und knackig Trumpf. Wenn jedoch versäumt wurde, einen eingängigen Slogan oder ein bekanntes Zitat beispielsweise als Marke schützen zu lassen, wird gegen unbefugte Nachahmungen oftmals das Urheberrecht ins Feld geführt. Auch die Verlage und Tonträgerfirmen stützen sich im Kampf gegen die Nutzung von kleinen Teilen ihrer Inhalte, wie in Google News & Co. oder in Sound-Samples, auf das Urheberrecht. Das wird nach einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des OLG München jedoch wohl immer seltener Erfolg haben.

Sachverhalt

Die Alleinerbinnen des unter dem Künstlernamen "Loriot" bekannten Humoristen wendeten sich im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Verwertung eines Zitats aus einem Loriot-Sketch als T-Shirt-Aufdruck, weil dies nach ihrer Auffassung die Urheberrechte des verstorbenen Loriot verletze. Das verwendete Zitat "Früher war mehr Lametta" der Figur des Opa Hoppenstedt stammte aus dem 1978 im deutschen Fernsehen erstausgestrahlten Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“, der später auch Teil einer Buch-veröffentlichung wurde.

Entscheidung

Das OLG München hat den Antrag der Loriot-Erbinnen ebenso zurückgewiesen wie zuvor das Landgericht München I, weil das kurze Zitat nicht urheberrechtlich geschützt sei. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz, wenn man die Einbettung des Satzes „Früher war mehr Lametta“ in den Loriot-Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ und auch den Umstand ausblende, dass der Sketch von dem bekannten Künstler Loriot stamme. Er bringe entweder schlicht zum Ausdruck, dass früher mehr Lametta benutzt wurde, oder – unter Verwendung des Wortes „Lametta“ als Metapher – dass früher mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches war. Selbst in der zweiten Deutungsmöglichkeit genüge die Verwendung einer einfachen Metapher im Anschluss an die alltägliche und gängige Eingangswortfolge „Früher war mehr“ nicht, um hier eine Originalität oder Individualität anzunehmen, die die üblichen und alltäglichen Ausdrucksformen deutlich überrage. Auch die von den Erbinnen angeführte fehlerhafte Grammatik könne einen Urheberrechtsschutz nicht begründen, weil die Regeln der Sematik auch in der täglichen Umgangssprache nicht allgemein befolgt würden. Das OLG München tat ferner die Argumentation der Erbinnen, dass die Wortfolge als inhaltsleere Gegenwartskritik der Lächerlichkeit preisgegeben werden solle, als "Überinterpretation" ab. Schließlich belege auch die Verwendung der Wortfolge als Aufdruck auf verschiedenen Produkten nicht deren Werkqualität, da banalen Wortfolgen nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein (oftmals nicht nachvollziehbarer) Aufmerksamkeitswert zukomme, wie beispielsweise auch bei der Wendung „Wir schaffen das“.

Praxishinweis

In letzter Zeit wurde häufiger über den urheberrechtlichen Schutz von bloßen Teilen von Werken gestritten, unter anderem bei Rezensionen, Liedtexten und Refrains, Rhythmussequenzen in Sound-Samples, Slogans und Werbesprüchen, Snippets und Vorschaubildern in Suchmaschinen sowie bei Überschriften von Zeitungsartikeln. Auch im digitalen Kontext gewinnt die Diskussion um einen etwaigen urheberrechtlichen Schutz von bloßen Werkteilen an Bedeutung, wie bei dem im Zeitalter von BigData unentbehrlichen Text- und Datamining und im Zusammenhang mit dem kontrovers diskutierten Leistungsschutzrecht der Presseverleger.
Das OLG München machte anhand eines Klassikers der Fernsehunterhaltung von Loriot jedoch klar, dass ein Urheberrechtsschutz selbst von geläufigen Satzteilen oder kurzen Sätzen eher der Ausnahmefall als die Regel bleiben wird. Die Werbeindustrie und ihre Kunden sind daher gut beraten, für den Schutz ihrer einprägsamen Wortfolgen gegen eine unbefugte Vereinnahmung frühzeitig einen alternativen rechtlichen Schutz, wie durch eine Markenanmeldung, prüfen zu lassen.

(OLG München, Beschluss vom 14.8.2019, Az. 6 W 927/19)

Dr. Christian Triebe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und gewerblichen Rechtsschutz
Hamburg

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