August 2019 Blog

Prä­ven­ti­ver Re­struk­turie­rungs­rahmen kommt bis 2021

Wie erwartet haben nach dem Europäischen Parlament nun auch die Kommission und der Rat der EU die Kompromissfassung verabschiedet. Die Richtlinie ist am 26.06.2019 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden, so dass Deutschland nunmehr bis zum Juni 2021 Zeit hat, die Verordnungsgrundsätze in nationales Recht zu transformieren. In Ausnahmefällen kann die Frist um ein Jahr verlängert werden. Da der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung mit den notwendigen Änderungen aufgrund der ESUG-Evaluation (wir berichteten) verbinden will, wird davon ausgegangen, dass die Bundesregierung einen ersten Entwurf bereits bis zum Jahresende vorlegen wird.
Mit der Verabschiedung ist nunmehr auch sicher, dass die Entschuldungsverfahren jedenfalls von gescheiterten Unternehmern ab 2021 nur noch 3 Jahre dauern wird.

Sinn der Regelung

Der Richtlinienvorschlag zielt darauf ab, zahlungsunfähigen, „ehrlichen“ Unternehmern eine zweite Chance zu geben und den Zugang lebensfähiger Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten zu wirksamen nationalen präventiven (außergerichtlichen) Umstrukturierungsrahmen zu erleichtern. Erstmals (zumindest in Deutschland) wird damit den Unternehmen außerhalb des Insolvenzverfahrens ein Rechtsrahmen zur Verfügung stehen, der es ihnen ermöglicht, Restrukturierungsmaßnahmen ohne Herstellung eines Konsens aller Gläubiger durch Mehrheitsentscheidungen möglich.

Kernelemente der neuen Regelung

Kernelement des neuen Verfahrens soll ein Restrukturierungsplan werden, der von nur drohend zahlungsunfähigen Unternehmen genutzt werden kann, um den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Das Abstimmungsverfahren soll ähnlich der Verfahrensweise bei Insolvenzplänen in Gruppen erfolgen. Werden allerdings Beteiligte überstimmt, so soll eine gerichtliche Bestätigung notwendig sein.

Weiterhin soll während der Dauer der Restrukturierungsmaßnahmen ein Moratorium angeordnet werden können (zwischen 4 und 12 Monaten), währenddessen die Gläubiger vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschützt sind.

Schließlich und endlich wird die Dauer der Restschuldbefreiungsverfahren gescheiterter Unternehmer verbindlich auf 3 Jahre festgeschrieben, wobei davon ausgegangen wird, dass die Herabsetzung der Verfahrensdauer in Deutschland auch für Verbraucher gelten wird.

Ausblick

In vielen Bereichen lässt die Verordnung den Mitgliedsstaaten erhebliche Freiräume in der Umsetzung. Es ist daher noch nicht absehbar, welche praktischen Konsequenzen sich für Unternehmen und deren Gläubiger ergeben. Den deutschen Gesetzgeber aufzufordern, die Richtlinie besonders „scharf“ umzusetzen, dürfte möglicherweise zu kurz gedacht sein. Es droht erneut ein „Wettlauf“ der europäischen Rechtsordnungen um die laxesten Regelungen. Der deutsche Gesetzgeber sollte daher einer ausgewogenen, aber funktionierenden Umsetzung den Vorzug geben.

Ansgar Hain, Rechtsanwalt
Berlin

 

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