Reform der Vorsatzanfechtung geplant
Justizminister Heiko Maas hat auf seiner Rede anlässlich des 11. Deutschen Insolvenzrechtstages am 03.April 2014 eine Reform des Anfechtungsrechtes „als vordringlichste Aufgabe der Bundesregierung“ bezeichnet. Diese etwas überraschende Aussage geht auf eine Initiative von verschiedenen Wirtschaftsverbänden zurück. Die Wirtschaft kritisiert hierbei die, ihrer Meinung nach, ausufernde Rechtsprechung des für die Insolvenzanfechtung zuständigen 9. Zivilsenates des BGH. Zwar hatte die „Überprüfung“ des Anfechtungsrechtes bereits Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden, in der eindeutigen Aussage zur Priorität dieses Vorhabens hat der Minister jedoch die Insolvenzrechtsszene überrascht.
Streitpunkt der bisherigen Rechtslage ist, dass nach § 133 InsO (unter den Voraussetzungen, dass sich der Schuldner zumindest in einem Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit befindet und der Gläubiger aufgrund von äußeren Umständen diesen Liquiditätsstatus erkennen kann) auch Ratenzahlungsvereinbarungen bis zu einem Zeitraum von 10 Jahren vor Insolvenzantragstellung von einem späteren Insolvenzverwalter angefochten werden können. Weiteres Problem ist, dass die Insolvenzanfechtung nach der Gesetzeslage mit Insolvenzeröffnung fällig wird und daher ab diesem Zeitpunkt mit dem gesetzlichen Verzugszinssatz zu verzinsen ist, unabhängig davon, wann der Verwalter den Anspruch geltend macht.
Hauptkritikpunkt der Wirtschaftsverbände ist zum einen, dass durch die angebliche Ausweitung des Anfechtungsrechtes durch den BGH die Rechtssicherheit gefährdet sei. Zum anderen nutzen viele Verwalter das Druckpotential der ab Eröffnung laufenden Zinspflicht, um den Gläubiger von einem „Gang durch die Instanzen“ abzuhalten. Teilweise werden die Anfechtungsansprüche auch in gesetzeswidriger Weise verspätet geltend gemacht, um der Insolvenzmasse den, zur Zeit sehr profitablen, Verzugszinssatz zu sichern. Die Verwalterseite verweist demgegenüber auf das Regulierungsmoment, dass die Vorschrift habe. Wenn ein (späterer) Insolvenzschuldner, obwohl offensichtlich zahlungsunfähig, durch seine Altgläubiger mittels Stundungen am Markt gehalten werde, bestehe das Risiko, dass zu späterer Zeit neue Vertragspartner, die die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht kennen, erhebliche Schäden erleiden. Beispielhaft werden hier die privaten Bauherren angeführt. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber gerade durch eine Verschärfung des Anfechtungsrechtes das Verhältnis der eröffneten Verfahren zu den mangels Masse nicht eröffneten Verfahren umkehren, was ihm auch offensichtlich gelungen ist. Wurden zu Zeiten der Konkursordnung noch 75% aller Konkursverfahren gar nicht erst eröffnet, steht diese Zahl unter dem Regime der InsO für den Anteil der eröffneten Verfahren.
Es bleibt abzuwarten mit welchem Eifer und welcher Schnelligkeit der Gesetzgeber wirklich handeln wird. Alle Beteiligten sind sich einig, dass zurzeit weder fundierte Zahlen über die Belastung der Wirtschaft mit diesem Thema, noch die Anzahl der durch solche Anfechtungen erst ermöglichten Verfahrenseröffnungen bestehen. Allerdings dürfte dennoch wahrscheinlich sein, dass der Gesetzgeber einige Stellschrauben drehen wird. Zumindest die Zeiträume, in denen Ratenzahlungen angefochten werden können, stehen ernsthaft zur Disposition. Im Gespräch sind hier Zeiträume von 3-5 Jahren. Ob die Ratenzahlungen generell aus dem Anwendungsbereich der Vorsatzanfechtung ausscheiden werden, bleibt abzuwarten. Nicht unwahrscheinlich ist es auch, dass jedenfalls in diesen Fällen eine Zinspflicht ab Verfahrenseröffnung abgeschafft und an die normalen Verzugsvoraussetzungen gekoppelt wird.
An den Äußerungen der Wirtschaft zu dieser Gesetzesinitiative wird jedoch auch deutlich, dass viele Gläubiger unnötigerweise sich mit dem Verwalter vergleichen. Ein Verwalter wird nur ausnahmsweise Ratenzahlungen, die länger als 3 Jahre vor Eröffnung stattgefunden haben, anfechten können. Vielfach ist die allzu schnelle Einigung auch dadurch begründet, dass das Recht der Insolvenzanfechtung durch eine Vielzahl von höchstrichterlichen Urteil höchst komplex geworden ist, so dass eine klare Einschätzung der Risiken nur noch Spezialisten möglich ist.
Ansgar Hain, Rechtsanwalt