Änderungen bei Share-Deals im Immobiliensektor: Die Grunderwerbsteuerreform tritt zum 1. Juli 2021 in Kraft
Das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Grunderwerbsteuer hat sich über mehrere Jahre hingezogen (vgl. hierzu unseren Newsletterbeitrag aus Juni 2019 und unseren Newsletterbeitrag vom April 2019). Auf den letzten Metern dieser Legislaturperiode kommt es etwas überraschend nun doch noch zum Abschluss: Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates mit Wirkung zum 1. Juli 2021 diverse Änderungen des Grunderwerbsteuergesetztes (GrEStG) beschlossen, die sogenannte Share-Deals im Rahmen von Immobilientransaktionen betreffen.
Wesentliche Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes
Die wesentlichen geplanten Gesetzesänderungen sind die (i) Senkung der Beteiligungsschwelle von 95% auf 90% für unmittelbare oder auch mittelbare Anteilsübertragungen bzw. -vereinigungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften, (ii) die Einführung eines Ergänzungstatbestands für die Übertragung von mindestens 90% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb von 10 Jahren, (iii) die grundsätzliche Verlängerung der Behaltensfristen von 5 auf 10 bzw. 15 Jahre sowie (iv) die Einführung einer Börsenklausel nach der Anteilsübertragungen von Anteilen, die auf den Handel an einem organisierten Markt (z.B. Prime oder General Standard der FWB, nicht jedoch am Open Market) basieren, von der Anwendbarkeit der neuen „Share-Deal-Regelung“ ausgenommen sind.
Nicht umgesetzt wurde damit die vielfach diskutierte Herabsenkung der Beteiligungsschwelle auf 75%, da die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit einer solchen Herabsenkung dann offenbar doch zu groß waren.
Zeitlicher Anwendungsbereich und Folgen für die Praxis
Die neuen Regelungen treten mit Wirkung zum 1. Juli 2021 in Kraft. Bislang war der in der Praxis häufige Erwerb von Anteilen an einer Immobilienvermögen besitzenden Kapitalgesellschaft unter Beteiligung eines Co-Investors (mit mehr als 5%) verbreitet. In Zukunft unterliegt nach dem neuen § 1 Abs. 2b GrEStG ein Erwerbsvorgang auch dann der Grunderwerbsteuer, wenn innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile an der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, selbst wenn die 90% nicht in einer Erwerberhand vereinigt werden.
Nach der Gesetzesänderung und -begründung sollen aus Vertrauensschutzgründen dinglich wirksam gewordene Anteilsübertragungen im Sinne von § 1 Abs. 2b GrEStG an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft erst nach dem 30. Juni 2021 als Zählerwerbe für die 90%-Schwelle zu berücksichtigen sein. Darüber hinaus sollen die ehemaligen Schwellenwerte in Höhe von 95% fortgelten, wenn die neue 90%-Schwelle vor dem 1. Juli 2021 bereits überschritten wurde, nicht aber die 95%-Schwelle.
Im Hinblick auf den zeitlichen Anwendungsbereich der unterschiedlichen Schwellenwerte und Behaltensfristen ist Immobilieninvestoren zu empfehlen, genau prüfen zu lassen, welche Schwellenwerte und Behaltensfristen nun auf sie Anwendung finden, wenn eine Veräußerung bzw. ein Gesellschafterwechsel geplant ist.
Dr. Michael Engel, Rechtsanwalt/Steuerberater
Katharina Lanio, Rechtsanwältin
Frankfurt am Main