April 2025 Blog

Aktuelle Änderungen in der EU-Nachhaltigkeitsgesetzgebung

Das Europäische Parlament hat heute die Verschiebung der Anwendbarkeit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für viele Unternehmen beschlossen (sog. „Stop-the-Clock“-Mechanismus). Der Rat hatte diesem Vorschlag bereits in der vergangenen Woche zugestimmt.

Danach müssen die Mitgliedstaaten die CSRD erst zwei Jahre später umsetzen. Für große Unternehmen bedeutet dies eine Verschiebung der Berichtspflicht auf in 2027 beginnende Geschäftsjahre. Ein großes Unternehmen im maßgeblichen bilanzrechtlichen Sinne liegt vor, wenn das Unternehmen zwei von drei der folgenden Schwellenwerte überschreitet:

  • 250 Mitarbeiter

  • 50 Mio. EUR Umsatzerlöse oder 

  • 25 Mio. EUR Bilanzsumme

Für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), welche nicht mindestens zwei der vorgenannten Grenzwerte erreichen, verschiebt sich die Berichtspflicht ebenfalls von Geschäftsjahren beginnend in 2026 um zwei Jahre auf Geschäftsjahre beginnend in 2028. Die Pflichten treten damit auch hier erst zwei Jahre später als in der alten Fassung in Kraft.

Die aktuelle Berichtspflicht für Unternehmen der ersten Welle (große börsennotierte Unternehmen sowie nach der Vorgängerregelung berichtspflichtige Unternehmen) bleibt auch nach dieser Verschiebung weiterhin bestehen.

Hinsichtlich der CSDDD haben die Mitgliedstaaten ein Jahr mehr Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze. Nach der bisherigen Fassung gilt die CSDDD ab dem 26. Juli 2026 für alle EU-Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 1.500 Mio. EUR bzw. alle in einem Drittland ansässigen Unternehmen mit einem Nettoumsatz von mehr als 1.500 Mio. EUR in der EU.

Durch die Anpassung verschiebt sich die Anwendbarkeit für diese Unternehmen um ein Jahr, für Unternehmen ab 3000 Mitarbeitern und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 900 Mio. EUR bleibt es bei der ursprünglichen Anwendbarkeit zum 26. Juli 2028. Die CSDDD und ihre Maßnahmen gilt daher ab 26 Juli 2028 für folgende Unternehmen:

  • In der EU ansässige Unternehmen mit durchschnittlich mehr als 3000 Mitarbeitern und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 900 Mio. EUR

  • In einem Drittland ansässige Unternehmen mit einem Nettoumsatz von mehr als 900 Mio. EUR in der EU

Hintergrund

Die Kommission hatte den Vorschlag bereits im Februar als Teil des sog. „Omnibus-I“ Paketes vorgelegt, um die maßgeblichen Rechtsvorschriften im Bereich Nachhaltigkeit zu vereinfachen. Mit der Verschiebung erhalten die Unternehmen Rechtssicherheit in Bezug auf den viele diskutierten Anwendungszeitpunkt der CSRD und CSDDD. Die Mehrheit der von CSRD und CSDDD betroffenen Unternehmen soll damit mehr Zeit erhalten, sich auf die Berichts- und Sorgfaltspflichten vorzubereiten und negative Effekte zu minimieren. Im nächsten Schritt des „Omnibus-I“ Paketes sollen viele Bestimmungen vereinfacht werden. 

Neben dem „Omnibus-I“ Paket sind durch das sog. „Omnibus-II“ Paket Anpassungen an verschiedenen Verordnungen im Zusammenhang mit dem Finanzmarkt geplant Dazu zählen die VO 2021/523 („InvestEU Verordnung“), VO 2015/1017 („EFSI Regulation“), VO 2021/1153 (CEF) und VO 2021/695 (Horizon Europe). 

Der aktuelle Beitrag beschränkt sich auf das für Wirtschaftsunternehmen relevantere „Omnibus-I“ Paket, das besonders für Unternehmen relevant ist, welche bereits mit der Umsetzung der CSRD bzw. Vorbereitungen für die CSDDD begonnen haben.

Geplante inhaltliche Anpassungen

Im Folgenden stellen wir Ihnen die relevantesten geplanten Änderungen bzw. Vereinfachungen übersichtsartig dar, die im weiteren Verlauf von Omnibus-I (wir berichteten) vorgeschlagen wurden.

Der Anwendungsbereich der CSRD soll nach dem Vorschlag maßgeblich eingeschränkt werden. Bisher sind fast alle kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie alle bilanzrechtlich großen Unternehmen von der CSRD betroffen.

Nach dem neuen Entwurf würden nur noch Unternehmen mit im Durchschnitt mindestens 1000 Mitarbeitern in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, die entweder die Schwelle von 50 Mio. Umsatzerlösen oder 25 Mio. EUR Bilanzsumme überschreiten. Eine Berichtspflicht bestände nach dem Entwurf damit nur noch bei einer kumulativen Überschreitung der Mitarbeiterschwelle und einer der Finanzschwellen.

Daneben sollen auch die bisherigen ESRS (European Sustainability Reporting Standards) in ihrem Umfang der Datenpunkte deutlich beschränkt werden, was auch für Unternehmen im Anwendungsbereich eine Vereinfachung der Berichtspflicht bedeuten würde. Es bleibt damit abzuwarten, welche genauen Erleichterungen bei den zu berichtenden Datenpunkten abschließend umgesetzt werden. 

 

Die sog. EU-Taxonomie Verordnung ist nach aktuellem Stand für alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD verpflichtend umzusetzen. Danach müssen die Aktivitäten des Unternehmens mit einem vorgegebenen Katalog abgeglichen und über die Erfüllung der dargelegten Kriterien berichtet werden. Nach dem Entwurf wäre die EU-Taxonomie nunmehr für CSRD-pflichtige Unternehmen mit weniger als 450 Millionen Umsatz nur noch optional. Ein „opt-in“ erfolgt nur dann, wenn ein Unternehmen einen Zusammenhang seiner Aktivitäten mit Nachhaltigkeitsaspekten behaupten.

 

Nach dem angepassten Entwurf der CSDDD ergibt sich unter anderem eine erhebliche Einschränkung hinsichtlich des Umfangs der enthaltenen Sorgfaltspflichten. Zusammenfassend werden diese nun auf direkte Geschäftspartner beschränkt, während weitergehende Pflichten grundsätzlich nur bei konkreten Hinweisen auf Missstände bestehen.

Auch ein bisher vorgeschriebener Abbruch der Geschäftsbeziehungen als ultima ratio könnte zukünftig entfallen. Soll nach dem Entwurf eine Geschäftsbeziehung wegen Verstößen ausgesetzt werden, müssten zukünftig die Folgen der Aussetzung berücksichtigt werden. Im Ergebnis findet nach dem Entwurf eine Art Abwägung der negativen Einflüsse der Geschäftsbeziehung mit dem wirtschaftlichen Nutzen der Geschäftsbeziehung statt. 

Auch die viel kritisierte generelle zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für die Verletzung von Sorgfaltspflichten ist nach dem neuen Entwurf nicht mehr vorgesehen. Eine Haftung könnte sich dann im Einzelfall noch aus zivilrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten ergeben.

 

Weiterhin enthält der Entwurf für CSRD und CSDDD einen Vorschlag für eine Art „Schutzschirm“ für Unternehmen in der Lieferkette. Diese können nach aktuellem Stand als Zulieferer größerer Unternehmen einer erheblichen Anzahl von Anfragen zu Nachhaltigkeitsinformationen ausgesetzt sein, auch wenn sie selbst nicht in den Anwendungsbereich fallen. 

Nach dem Entwurf müssten diese Unternehmen zukünftig nur vollständige nachhaltigkeitsbezogene Informationen in der Lieferkette bereitstellen, wenn sie selbst eine gewisse Mindestanzahl von Mitarbeitern haben. Andernfalls sind Anfragen auf die in neuen sog. „freiwilligen Standards“ festgelegte Informationen beschränkt. Dies soll einerseits dem Schutz kleinerer Unternehmen vor umfangreichen Informationsanfragen dienen, aber auch die Umsetzung der „freiwilligen Standards“ attraktiver gestalten. Damit könnte sich auch für nachgelagerte Unternehmen in der Lieferkette der Aufwand deutlich reduzieren.

 

 

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) verpflichtet alle Importeure von bestimmten emissionsintensiven Produkten wie z.B. Stahl oder Zement die importierten Mengen zu melden. Zukünftig soll abhängig von der importierten Menge eine Abgabe in Form einer Pflicht zum Erwerb sog. CBAM-Zertifikate geleistet werden. CBAM befindet sich aktuell in einer Übergangsphase bis Januar 2026. Nach dem Entwurf „Omnibus-I“ zu CBAM würde die Übergangsphase bis Februar 2027 verlängert und ein Erwerb von CBAM-Zertifikaten wäre erst ab diesem Zeitpunkt notwendig. Kleinere Importeure mit Importen von weniger als 50 Tonnen CBAM Ware pro Jahr wären zukünftig ausgenommen.

 

Weitere Informationen zu CBAM finden Sie auch in dem März Beitrag unserer Kollegen: CBAM-Reform – Erleichterungen für Unternehmen

 

Anpassungen der für viele Unternehmen hochrelevante EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) sind in den Omnibus-Paketen bisher nicht enthalten. Erst im Dezember wurde die Anwendbarkeit der EUDR um ein Jahr auf den 30. Dezember 2025 verschoben. Inwieweit hier noch inhaltliche Anpassungen erfolgen, bleibt daher abzuwarten.

 

Ausblick

Unternehmen haben mit der Annahme des „Stop-the-Clock“-Mechanismus wertvolle Zeit gewonnen, um sich auf die Berichtspflichten und Erfüllung der Sorgfaltspflichten vorzubereiten. Auch wenn weitere Vereinfachung in den Entwürfen des Omnibus-I Paketes angedacht sind, bleiben viele der bisherigen Vorgaben bestehen. Insbesondere die Unternehmen, welche durch den Entwurf aus dem Anwendungsbereich der CSRD ausgenommen werden könnten, sollten zukünftig eine Umsetzung der freiwilligen Standards prüfen, um Anfragen ihrer Geschäftspartner effizient erfüllen zu können. Sofern der Entwurf umgesetzt wird, besteht hier erhebliches Potenzial sich von anderen Lieferanten abzuheben und von Kunden als noch attraktiverer Lieferant wahrgenommen zu werden.

Bei Fragen zur Bedeutung für Ihr Unternehmen oder Unterstützung bei der Umsetzung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

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