Juni 2020 Blog

Erfolg­reiche erste BB-Kon­ferenz nach Lock­down: Arbeits­zeit 2020

Die BB-Konferenz „Arbeitszeit 2020“ am 16.06.2020 im Sofitel in Frankfurt (Tagungsleitung: Dr. Philipp Wiesenecker, GvW) war die erste Veranstaltung des Betriebs-Berater nach exakt 3 Monaten Lockdown. Die Veranstaltung fand unter einem strengen Hygiene- und Sicherheitskonzept statt, das vom Betriebs-Berater zertifiziert und von den Teilnehmern so konsequent eingehalten wie gelobt wurde.

Nach einem Praxisimpuls von Dr. Philipp Wiesenecker zum Arbeitszeit- und Betriebs-verfassungsrecht aus Sicht des Arbeitgebervertreters – der vor allem den Normappell einer stetig verletzten Arbeitszeitrechtsprechung in Frage stellte – folgte eine dogmatisch tiefgründige, in acht Thesen mündende Untersuchung der Gesetzgebungserfordernisse im Arbeitszeitrecht in Folge der EuGH-Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung von Prof. Dr. Matthias Jacobs, Bucerius Law School (Hamburg). Sein Fazit: Es kann, muss aber keine Neuregelung des Rechts der Arbeitszeiterfassung geben. In anderen Punkten bestehe allerdings Reformbedarf im Arbeitszeitrecht. Die EU-Richtlinien ermöglichten es beispielsweise, bestimmte Arbeitnehmergruppen aus dem Anwendungsbereich des ArbZG herauszunehmen – das komme vor allem für „autonome Arbeitnehmer“ in Betracht, die selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen können. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Höchstarbeitszeit und der Ruhezeit. Er appellierte schließlich an die Arbeitsgerichtsbarkeit, sich bei der richterlichen Rechtsfortbildung und insbesondere bei der unionsrechtskonformen Auslegung zurückzuhalten, um den Gesetzgeber in die Pflicht zu nehmen.

Verena zu Dohna-Jaeger, Leiterin des Ressorts Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik beim Vorstand der IG Metall wies demgegenüber auf den Charakter des Arbeitszeitgesetzes als klassisches Arbeitsschutzrecht bzw. öffentlich-rechtliches Gefahrenabwehrrecht, sowie auf Art. 31 der Europäischen Grundrechtecharta hin. Arbeitgeber sollten die Arbeitszeit konsequent erfassen, dokumentieren und deren Einhaltung überprüfen, statt die Gesetze in Frage zu stellen. Die korrekte Arbeitszeiterfassung sei auch im Zusammenhang mit der Nutzung von Kurzarbeit unabdingbar.

Roland Wolf, Geschäftsführer und Leiter Arbeits- und Tarifrecht der BDA konterte mit einem Parforceritt durch das Arbeitszeit- und Betriebsverfassungsrecht aus Sicht des BDA. Sein Fazit: Es sei zu früh für betriebliche Umsetzungsmaßnahmen, so lange nicht feststehe, ob und wie es zu einer gesetzlichen Umsetzung komme. Aus aktuellem Anlass ergänzte er seinen Vortrag um eine Bewertung des geplanten Rechts auf Home-Office und um die Folgen der Corona-App auf den Vergütungsanspruch.

Dr. Klaus Linde, verantwortlich für die Beschäftigungsbedingungen bei der Deutschen Bahn AG folgte mit einem Einblick in die Mitbestimmungspraxis eines Konzernunternehmens. Neben der Handhabe des § 129 BetrVG in der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat stellte er einen digitalen Workflow vor, der in der Betriebsratsarbeit eingesetzt werden soll und die Abläufe transparenter und effizienter machen wird.

Den Abschluss der Konferenz bildete eine Podiumsdiskussion aller Referenten, in der neben dem vergütungsrechtlichen Umgang mit der Corona-App die Notwendigkeit einer Arbeitszeitgesetzgebung und die grundlegende Reform des Betriebsverfassungsrecht diskutiert wurden – vielleicht ja ein Ausblick auf die BB-Konferenz Arbeitsrecht 2021?

Dr. Philipp Wiesenecker

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