April 2025 Blog

Neuer Koalitionsvertrag: Weichenstellungen im Außenwirtschaftsrecht

Am 9. April 2025 haben CDU/CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode vorgestellt. Darin kündigen die Koalitionspartner auch Änderungen im Außenwirtschaftsrecht an – unter anderem einen „Paradigmenwechsel“ bei Ausfuhrgenehmigungen sowie eine Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes. Darüber hinaus gibt der Vertrag Aufschluss über den geplanten Bürokratieabbau im Bereich ESG und Green Trade und bietet einen Ausblick auf künftige handelspolitische Prioritäten der neuen Bundesregierung.

Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes

Die Koalition plant eine zeitnahe Überarbeitung des Außenwirtschaftsgesetzes. Prüfverfahren nach dem Außenwirtschaftsgesetz sollen beschleunigt und vereinfacht werden. 

Ausfuhrgenehmigungsprozesse

Ein zentraler Aspekt der Reformpläne ist die Neugestaltung der Ausfuhrgenehmigungsprozesse. Der Koalitionsvertrag spricht von einem „Paradigmenwechsel“: Statt durchgängiger Prüfungen sollen stichprobenartige Kontrollen erfolgen, flankiert von schärferen Sanktionen bei Verstößen. „Eine vorherige Exportgenehmigung wäre nicht mehr erforderlich“, heißt es in diesem Zusammenhang in dem Papier.Ausländische Investitionen, die den nationalen Interessen widersprechen – insbesondere in kritische Infrastrukturen und „strategisch relevanten Bereichen“ – sollen „effektiv verhindert“ werden. Damit soll die wirtschaftliche Resilienz Deutschlands gestärkt werden. 

Darüber hinaus sollen künftig besonders hohe Sicherheitsanforderungen für Komponenten in sensiblen Infrastrukturbereichen gelten. Dessen Nutzung soll ausschließlich auf Anbieter aus „vertrauenswürdigen Staaten“ beschränkt werden.

Handelspolitische Ausrichtung

Handelspolitisch steht der Abschluss weiterer Handels- und Investitionsabkommen im Fokus: Die zügige Ratifizierung des bereits unterzeichneten Rahmenabkommens der Europäischen Union mit Chile wird von den Koalitionären ebenso begrüßt wie das Abkommen mit Mercosur und Mexiko. 

Den Abschluss der laufenden Freihandelsverhandlungen der Europäischen Union mit Indien, Australien und den ASEAN-Staaten unterstützt die Koalition ebenfalls. Künftig soll bei Handelsverträgen zudem verstärkt auf das Prinzip „EU-only“ gesetzt werden, was bedeutet, dass die Handelsabkommen nicht mehr von den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden müssen.

Im transatlantischen Verhältnis zu den USA setzt die Koalition auf Deeskalation und eine gegenseitige Senkung von Einfuhrzöllen. Mittelfristig soll ein Freihandelsabkommen mit den USA angestrebt werden.

Mit Blick auf China soll eine „De-Risking“ Strategie verfolgt werden. Hierzu soll im Bundestag eine Expertenkommission eingesetzt werden, die in einem jährlichen Bericht Risiken, Abhängigkeiten und Vulnerabilitäten in den wirtschaftlichen Beziehungen analysiert, darstellt und entsprechende Maßnahmen zum De-Risking empfiehlt.

Sanktionen

Die Koalition will die nationale Umsetzung der Sanktionen aufgrund des russischen Angriffskriegs weiterhin sicherstellen. Zudem werden die Pläne der EU zur Erhebung von Zöllen auf die Einfuhr von Düngemitteln aus Russland und Belarus befürwortet.

Ferner unterstützen die Koalitionäre die internationalen Sanktionen gegen das iranische Regime und wollen sich weiterhin entschieden dafür einsetzen, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen und Sanktionslücken umfassend zu schließen.

Green Trade

Auch zum Thema Green Trade/ESG enthält der Koalitionsvertrag erhebliche Neuerungen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) soll abgeschafft und durch ein neues Gesetz zur Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ersetzt werden – „bürokratiearm und vollzugsfreundlich“. Auf europäischer Ebene befürwortet die Koalition eine entschlackte Regulierung. Der Omnibus-Vorschlag der Europäischen Union (mehr zu Omnibus in diesem GvW-Beitrag) wird ausdrücklich unterstützt, mit dem Ziel, Vorgaben insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Lieferkettensorgfalt (CSDDD), der Taxonomie sowie delegierter Rechtsakte bürokratiearm zu gestalten. Darüber hinaus spricht sich die Koalition für eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) aus und strebt einen Ausgleich für betroffene Produkte an (mehr zu CBAM in diesem GvW-Beitrag). Sollte CBAM keinen ausreichenden Schutz vor Carbon Leakage bieten, soll die Wettbewerbsfähigkeit exportorientierter Branchen durch die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten gesichert werden. Die Anwendung der europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) soll durch die Einführung der „Null-Risiko-Variante“ weitgehend entfallen. Zu Aspekten des Koalitionsvertrags mit Bezug zu Green Trade findet am Mittwoch, 16. April 2025, 11:00 Uhr, ein Ad-hoc-Webinar im Rahmen unserer Green Trade Talks statt, in dem unser GvW Green Trade Team gemeinsam mit unserem Partner osapiens die angekündigten Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag einordnen und deren Auswirkungen für Unternehmen erörtern wird. Die Anmeldung ist über diesen Link möglich.

Ausblick

Der Koalitionsvertrag zeigt, dass die Themen Außenwirtschaft, Handelspolitik und Bürokratieabbau erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Zugleich bleibt abzuwarten, wie die geplanten Vorhaben konkret umgesetzt werden. Spannend dürfte insbesondere werden, wie der angekündigte „Paradigmenwechsel“ bei den Ausfuhrgenehmigungen vollzogen werden soll. So sehen zahlreiche unionsrechtliche Verordnungen Genehmigungsvorbehalte für bestimmte Ausfuhren vor. Der EU-Mitgliedstaat Deutschland kann zwar in gewissem Maße mit nationalen Allgemeingenehmigungen arbeiten, jedoch unionsrechtliche Genehmigungserfordernisse nicht einfach unilateral „abschaffen“. Demgegenüber ist im Rahmen der Investitionskontrolle mit einem entschiedeneren Vorgehen und letztendlich wohl mehr Untersagungen zu rechnen.

Im Bereich Green Trade setzt die Koalition den Fokus auf Bürokratieabbau. Die Bundesregierung strebt eine Abkehr von den vielfach aus der Wirtschaft kritisierten, übermäßigen regulatorischen Anforderungen europäischer und nationaler Gesetze im Rahmen von ESG an. Die Vorschläge im Koalitionsvertrag, insbesondere die Abschaffung des LkSG, dürften für viele Unternehmen erhebliche Auswirkungen haben.

Der Koalitionsvertrag selbst bildet jedoch lediglich den politischen Rahmen; konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Vorhaben liegen naturgemäß noch nicht vor. Zudem stehen innerparteiliche Abstimmungen über den Koalitionsvertrag noch aus.

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