September 2013 Blog

3D-Druck: dritte industrielle Revolution oder Hype? Jedenfalls (bald) Realität

Die Meinungen gehen auseinander: Nach Einschätzung der einen ist er bloße Spielerei, nach Überzeugung der anderen markiert der 3D-Druck den Beginn der dritten industriellen Revolution. Eines aber ist gewiss: Der 3D-Druck ist in einigen Bereichen schon jetzt, in anderen ohne Zweifel bald Realität. Dabei stellt sich eine Frage: Sind wir bereit, ist insbesondere das Rechtssystem für die Herausforderungen gerüstet, die der 3D-Druck mit sich bringt, oder werden wieder einmal ganze Industrien geradezu überfahren?

Verschiedene Geräte sind bereits auf dem Markt, vielfach als Bausatz und mit unterschiedlichen Technologien. In vielen Lagen werden Werkstoffe wie Kunststoffe, Kunstharze, aber auch Keramik oder Metall, zu einem dreidimensionalen Werkstück aufgebaut. Dies erfolgt durch Laserschmelzen (Metalle), Lasersintern (Keramik, Metalle), Digital Light Processing für Kunstharze oder Polyjet-Modeling und Fused Deposition Modeling für Kunststoffe und Kunstharze. Die Preise für Drucker im privaten Bereich liegen bei EUR 300 aufwärts.

Vorlage eines 3D-Drucks sind Datensätze zu dreidimensionalen Modellen. Solche Daten können entweder mithilfe entsprechender Software im Wege des dreidimensionalen Computer Aided Designs erstellt werden. Alternativ dazu können entsprechende Datensätze durch 3D-Scanner generiert werden: Der Gegenstand, der nachgebildet – gedruckt – werden soll, wird in den Scanner gestellt, der den entsprechenden Datensatz dann durch Abtasten des Gegenstandes generiert. Kombinierte Geräte vereinen 3D-Scanner und Druck-Kammer.

Noch gilt die Technologie als nicht industriell nutzbar, da insbesondere Massenfertigung noch nicht möglich und der Druck daher grundsätzlich noch recht teuer ist (bei der Herstellung von Prototypen werden 3D-Druck-Systeme aber schon verbreitet eingesetzt). Allerdings ist auch absehbar, dass dies wohl nicht so bleiben wird, für welchen Fall auch mit gravierenden volkswirtschaftlichen Folgen gerechnet wird, da die 3D-Druck-Technologie durch geringeren Bedarf an physischer und gesteigertem Bedarf an „qualifizierter“ Arbeit zu einer Rückverlagerung der Produktion in die Industrieländer führen soll.

Vor allem aber kommt es auf die industrielle Eignung zur Massenproduktion vielleicht gar nicht an. Der 3D-Druck hat möglicherweise die Eignung, weite Teile der Produktion zu „personalisieren“, aus welchem Grunde auch von der dritten industriellen Revolution gesprochen wird: Wer über einen 3D-Drucker verfügt, kann – je nach einsetzbarem Werkstoff – eine Vielzahl von (Alltags-) Gegenständen herstellen, die bisher im Wohnzimmer nicht produziert werden konnten.

Dies können Gebrauchsgegenstände wie Becher, Tassen oder Schüsseln sein, aber auch Ersatzteile für Autos, Fahrräder oder elektrische Geräte, Kunstwerke, Schmuck etc. Gegenstand eines (wenngleich speziell gelagerten) Gerichtsverfahrens waren Spielfiguren (Thingiverse/Games Workshop). Berichtet wurde auch über Handprothesen und Schusswaffen. Bei einer Hamburger Firma können – aus Gips und in Farbe – dreidimensionale Figuren nach dem Abbild von Menschen gefertigt werden.

Man muss also noch nicht einmal über einen eigenen Drucker verfügen. Bestellungen können vor Ort oder über das Internet aufgegeben werden und das gedruckte Werkstück wird per Post zugeschickt. Alternativ geht man in den Copy Shop. Utopie? Nein, der erste 3D-Print Shop wurde bereits 2012 in New York eröffnet.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden in Abhängigkeit von der technischen Entwicklung im Einzelnen zu prüfen sein. Dies gilt insbesondere für das Markenrecht, das Designrecht (Geschmacksmuster), das Patent- und Gebrauchsmusterrecht sowie schließlich das Urheberrecht.

Allerdings gewähren die gewerblichen Schutzrechte, dazu zählen traditionell die vorgenannten Rechtsgebiete mit Ausnahme des Urheberrechts, nur Schutz im geschäftlichen Verkehr bzw. bei gewerblicher Nutzung. Und auch das Urheberrecht privilegiert grundsätzlich (d.h. mit Ausnahmen) die bloß private Vervielfältigung. Im privaten Bereich wird das geltende Recht daher kaum Ansatzpunkte bieten, auf deren Grundlage Vervielfältigungen nachgegangen werden könnte.

Anders sieht das bei gewerblicher Nutzung aus. Dabei wird man aber wohl nicht nur mit den klaren Fällen von Produkt-Piraterie rechnen müssen, in denen der Verkäufer geschützte Erzeugnisse schlicht nachbaut und verkauft. Auch hier wird mit File Sharing-Plattformen und allen Arten von Dienstleistern umzugehen sein, die (nur) irgendwelche Tatbeiträge leisten. Ansatzpunkt mag hier die Störerhaftung sein, die auch bei Online-Verkaufsplattformen die Grenzen setzt. Allerdings in Grenzen, denn eine uneingeschränkte Prüfpflicht und Haftung folgt hieraus noch lange nicht. Erst wenn der Störer von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat, haftet er künftig, muss also angemessene Anstrengungen unternehmen, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern.

Zu denken wäre auch an kollektive Modelle, vergleichbar der Pauschalabgabe auf Speichermedien und Vervielfältigungsgeräte wie Kopierer, Scanner oder Drucker. Für den Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte nehmen die Verwertungsgesellschaften entsprechende Rechte wahr. Für die gewerblichen Schutzrechte gibt es vergleichbare Einrichtungen nicht.

Die gesetzgeberische Zielrichtung bleibt abzuwarten. Vor der Wahl hat die SPD-Fraktion die parlamentarische Diskussion durch eine kleine Anfrage in Gang gesetzt. Inwieweit sich Regierung und Gesetzgeber des Themas annehmen, bleibt abzuwarten.

Auch deshalb sind produzierende Unternehmen gut beraten, sich mit den Technologien, Möglichkeiten und Auswirkungen frühzeitig zu befassen. Die Musikindustrie mag dabei warnendes Beispiel sein, die noch Ende der neunziger Jahre die Digitalisierung und das Internet als Spielerei abtat – eine Fehleinschätzung, die sie bekanntermaßen bitter bezahlen musste.

Christian Kusulis, Rechtsanwalt

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