Juli 2023 Blog

Absichts­erklä­rungen im Vor­feld von M&A-Trans­aktionen – Stolper­fallen aus Ver­käufersicht

Erfolgreiche M&A-Transaktionen sind oft das Ergebnis sorgfältiger Planung und Verhandlung. Im aktuellen Marktumfeld spielen dabei Absichtserklärungen (auch als Letter of Intent/LoI, Term Sheet oder Memorandum of Understanding/MoU bezeichnet) immer mehr eine entscheidende Rolle im Vorfeld von M&A-Transaktionen.

Die Bedeutung von Absichtserklärungen

Absichtserklärungen dienen dazu, im Vorfeld von Unternehmenstransaktionen das grundlegende Interesse der Parteien am Abschluss der Transaktion zu bestätigen, einem Erwerber potentiell Exklusivität einzuräumen und erste Bestimmungen und Konditionen der Verträge bzw. des Deals festzuhalten. 
Nach den goldenen Verkäuferzeiten der jüngsten Jahre, in denen diese gegenüber potentiellen Erwerbern oftmals sehr verkäuferfreundliche Vertragsausgestaltungen durchsetzen konnten, zeichnet sich nunmehr in wirtschaftlich unsichereren Zeiten ein gewisser Wandel zugunsten käuferfreundlicherer Vertragsgestaltungen in Unternehmenstransaktionen ab. 
Gerade unerfahrenen Verkäufern ist zu empfehlen, bereits zur Verhandlung einer Absichtserklärung rechtliche und eventuell wirtschaftliche Expertise hinzuzuziehen. Auch wenn mit wenigen Ausnahmen die Regelungen in Absichtserklärungen nicht verbindlich sind, so ist eine spätere Abkehr von einmal zugestandenen Punkten nur schwer zu begründen. Oftmals können Änderungen nur unter Zugeständnissen an anderer Stelle „erkauft“ werden. Die im Rahmen von Absichtserklärungen vereinbarten Bestimmungen finden meistens unveränderten Einzug in die finalen Vertragswerke, da diese Regelungen als grundlegend vereinbart gelten.

Zu beachtende Grundsätze aus Verkäufersicht

Für den Verkäufer wichtige Punkte sollten nach Möglichkeit hinreichend konkret in der Absichtserklärung festgehalten werden. Das vermeidet im Regelfall Diskussionen und Verhandlungen bei der Erstellung der Verträge. Allerdings wird auch ein gut beratener Käufer die für ihn wesentlichen Punkte detailliert regeln wollen. 
Werden von den Parteien besprochene Punkte recht allgemein geregelt, dann verschiebt sich die Verhandlungen dieser Themen auf später. Das kann anfänglich vorteilhaft sein, insbesondere um eine gute Verhandlungsatmosphäre zu schaffen und möglichst schnell zum Abschluss der Absichtserklärung zu kommen. Dies birgt aber auch Risiken. Gerade absolute und pauschale Erklärungen im Hinblick auf einzelne Regelungen, wie etwa Verpflichtungen zur Abgabe pauschaler Garantieerklärungen ohne, dass diese aus Unternehmenssicht (bestenfalls mit anwaltlicher Begleitung) inhaltlich erörtert wurden, sind hier ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Bei der Ausarbeitung der Absichtserklärung sollte ein angemessenes Maß zwischen der hinreichenden Detaillierung wichtiger Punkte und keiner Überfrachtung der Verhandlungen in diesem frühen Zeitpunkt des Deals gefunden werden.

Strukturerwägungen

Wesentliche Strukturerwägungen, sofern diese bereits im Rahmen der Absichtserklärung festgeschrieben werden, sollten zwingend „zu Ende gedacht“ werden. Aus dem Ausschluss bestimmter Verbindlichkeiten (insbesondere etwa Pensionsverbindlichkeiten) oder bestimmten Vermögensgegenständen (hier sind oftmals Betriebsimmobilien betroffen) aus dem Transaktionsumfang, können umfangreiche Strukturmaßnahmen vor Abschluss des eigentlichen Kaufvertrags auf Ebene des Verkäufers erforderlich sein, welche neben einem zeitlichen auch einen (mitunter erheblichen) Kostenaufwand erzeugen. Zudem geht ein Verkäufer in „Vorleistung“, ohne Sicherheit zu haben, dass der Deal auch tatsächlich vollzogen wird. Auch aus steuerlicher Sicht sind an dieser Stelle regelmäßig Besonderheiten zu beachten, welche relevante Mehr- und Zusatzkosten auslösen können.

Kaufpreisbestimmung und Kaufpreiseinbehalte

Im Rahmen von Absichtserklärungen gibt es oftmals schon grundsätzliche Erwägungen zu Themen rund um den Kaufpreis und dessen Bestimmung. Dieser für den Verkäufer wichtige Punkt sollte nach Möglichkeit hinreichend klar geregelt werden. Es wird empfohlen, die Kaufpreisformel zu bestimmen und die einzelnen Bestandteile der Kaufpreisformel zu definieren. Nur so kann ein Verkäufer bereits vor Beginn der zeitintensiven Verhandlungen bewerten, ob er in der Lage ist, den gewünschten Kaufpreis zu erhalten. 
Neben der klassischen Kaufpreisbestimmung werden potentielle Erwerber gerade in unsicheren M&A Zeiten versuchen, bereits in der LoI-Phase bestimmte Absicherungen wie etwa Earn-out Regelungen, Einbehalte oder einen Escrow zu vereinbaren. Verkäufer sollten in dieser frühen Phase der Transaktion vermeiden, Zugeständnisse dieser Art zu machen. Diese Sicherungsmittel zu Gunsten des Käufers sichern üblicherweise im Rahmen der Due Diligence-Prüfung identifizierte Risiken ab und sollten daher erst nach Abschluss der Due Diligence und im Rahmen der Vertragsverhandlungen diskutiert werden. Nicht unüblich sind allerdings etwa Earn-Out Regelungen bei starken Umsatzschwankungen oder der Erschließung neuer Geschäftsfelder, deren Potential zum Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion noch nicht voll gehoben wurde.

Rechtswahlklauseln

Besondere Vorsicht ist gerade unerfahrenen Verkäufern im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit fremden Rechts angeraten. Oftmals versuchen gerade ausländische Erwerber die Kaufvertragsdokumentation einer fremden Rechtsordnung (in welcher sie sich heimisch fühlen) zu unterlegen. Davon abgesehen, dass etwa die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen zwingend deutschem Recht unterliegt und deren Übertragung vor einem (deutschen) Notar zu beurkunden ist, stellen sich auch weitere praktische Probleme mit der Vereinbarung ausländischen Rechts als geltendem Recht, selbst wenn dies auf den schuldrechtlichen Teil des Kaufvertrags beschränkt ist. Zum einen sind in diesem Falle (Rechts-)Berater in allen beteiligten Jurisdiktionen erforderlich, zum anderen erfordert diese Ausgestaltung generell einen erhöhten Abstimmungsaufwand aufgrund der erforderlichen Verzahnung der jeweiligen Besonderheiten der Rechtsordnungen. Durch derartige Strukturvorgaben entstehen beim Verkäufer oftmals unerwartete hohe Zusatzkosten während der Erwerber sich in bekannten Mustern bewegen kann.

Spezielle Garantieerklärungen

Klare Zusagen zur speziellen Ausgestaltung von Garantieerklärungen im Kaufvertrag bereits in der LoI-Phase sollten aus Verkäufersicht vermieden werden. Hier ist es im Interesse des Verkäufers, pauschal zu regeln, dass der Verkäufer grundsätzlich übliche Garantien geben wird. Zwar verlagert sich hierdurch die Verhandlung der Garantien lediglich auf einen späteren Zeitpunkt, jedoch können dann die Ergebnisse der Due Diligence und deren Verlauf berücksichtigt werden. Eine spätere Aufweichung harter Aussagen in der Absichtserklärung ist in der Regel nur mit erhöhtem Argumentationsaufwand möglich.

Fazit

Im Hinblick auf die dargestellten Stolpersteine gibt es eine Vielzahl von Punkten, die bereits in sehr frühen Phasen einer Unternehmenstransaktion für den Verkäufer nachteilige Folgen im weiteren Verlauf der Transaktion haben können. Die frühe gezielte Einschaltung von spezialisierten Beratern kann, in aller Regel bei überschaubarem Aufwand, im weiteren Verlauf unangenehme Überraschungen vermeiden. Die Tragweite einzelner Regelungen in der Phase der Absichtserklärungen sind für unerfahrene Verkäufer oft nicht bzw. nicht vollumfänglich zu erkennen.
 

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