Mai 2023 Blog

Aktuelles zur steuerlichen Gestaltung von Mitarbeiter­kapital­beteiligungen (ESOPs) – Boost (nicht nur) für Start-ups

Der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) sieht verbesserte Rahmenbedingungen für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland vor. Insbesondere die Attraktivität für Start-ups und Zukunftsunternehmen soll durch vorteilhaftere Reglungen zu Mitarbeiterkapitalbeteiligungen erhöht werden. Die geplanten Änderungen sind aber grundsätzlich für Unternehmen aller Größen und Branchen interessant.

Hintergrund – Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

Die Incentivierung und flexiblere Vergütung durch Mitarbeiterbeteiligungen gewinnt auch hierzulande immer mehr an Bedeutung. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen oder ESOPs (Employee Stock Option Plans) sind Programme, bei denen Mitarbeitern verbilligt eine Beteiligung am Unternehmen in Form von GmbH-Anteilen oder Aktien eingeräumt wird. Auch die Beteiligung über sog. Genussrechte oder Genussscheine ist möglich. Der geldwerte Vorteil aus der verbilligten Überlassung unterliegt der Lohnsteuer und ist grundsätzlich bei Einräumung der Beteiligung zu besteuern, obwohl dem Mitarbeiter (zunächst) keine Einnahmen zufließen.

Der erst 2021 neu geschaffene § 19a EStG sollte diese sofortige Besteuerung verhindern und Mitarbeiterkapitalbeteiligungen so attraktiver machen. Die Regelung richtet sich dabei hauptsächlich an Start-ups und junge Unternehmen. § 19a EStG weist in der derzeitigen Fassung aber einige Schwachstellen auf, sodass er in der Praxis derzeit keine Bedeutung hat. Mit dem ZuFinG, das zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, soll sich dies nun ändern.

Ausweitung des Anwendungsbereichs auf „Grown-ups“, „Late stage“- und Wachstumsunternehmen

Einer der Hauptproblem- und -kritikpunkte ist der Anwendungsbereich der Vorschrift, der viele Zukunfts- und Wachstumsunternehmen außen vor lässt. Bislang können nur Arbeitnehmer von Unternehmen, die im aktuellen oder vorhergehenden Kalenderjahr unter die Kriterien für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU: maximal 250 Mitarbeiter, EUR 50 Millionen Umsatz und EUR 43 Millionen Bilanzsumme) fallen, von der steuerlichen Begünstigung nach § 19a EStG profitieren. Es dürfen außerdem maximal 12 Jahre seit der Gründung des Unternehmens vergangen sein.

Nun sollen die KMU-Kriterien verdoppelt und auch Unternehmen, die bis zu 20 Jahre alt sind, erfasst werden. Zudem wird der Rückschau-Zeitraum von einem auf sechs Jahre erweitert: Sofern das betreffende Unternehmen in einem der letzten sechs Jahre die neuen Schwellenwerte nicht überschritten hat, soll § 19a EStG anwendbar sein. Weiterhin sollen auch Beteiligungen an mit dem Arbeitgeberunternehmen verbundenen Unternehmen künftig steuerlich begünstigt sein. Das eröffnet auch etablierte Unternehmen mit jungen Tochterunternehmen neue Möglichkeiten.

Erhöhung des Steuerfreibetrags

Der jährliche Steuerfreibetrag für den Erwerb von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen soll von EUR 1.440 auf EUR 5.000 angehoben werden.

Showstopper „Dry Income“ beseitigt

Das grundsätzlich bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu lösende Problem ist das des sog. Dry Income, d.h. die Versteuerung eines geldwerten Vorteils ohne Geldfluss. Denn erst bei Anteilsveräußerung fließen dem Mitarbeiter tatsächlich Einnahmen zu.

§ 19a EStG sieht bislang zwar eine sog. Longstop-Besteuerung erst nach 12 Jahren vor, daneben aber auch einige problematische Ersatzrealisationstatbestände, die ebenfalls die Besteuerung auslösen. Insbesondere der Arbeitgeberwechsel bzw. eine Kündigung des Arbeitnehmers führen zur sofortigen Besteuerung.

Die Besteuerung soll nunmehr 20 Jahre aufgeschoben werden. Darüber hinaus sollen ein Arbeitgeberwechsel bzw. Ausscheiden des Mitarbeiters oder der Ablauf der Frist von 20 Jahren künftig keine sofortige Besteuerung beim Arbeitnehmer mehr auslösen, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich die Lohnsteuerhaftung für den Fall der tatsächlichen Anteilsveräußerung übernimmt.

Pauschalbesteuerung von 25%

Der Entwurf sieht außerdem die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils i.H.v. 25% (zzgl. Solidaritätszuschlag, soweit anwendbar) vor. Dies würde zu einer grundsätzlich einheitlichen Besteuerung der Einräumung und der späteren Veräußerung der Beteiligung führen und ist dem Lohnsteuersatz von bis zu 45% gegenüber deutlich attraktiver.

Exkurs: Sog. Hurdle Shares als Alternativgestaltung

Sofern der Entwurf tatsächlich umgesetzt wird, wird die Einräumung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen deutlich einfacher und attraktiver, sowohl für Unternehmen als auch Mitarbeiter.

Eine bei der derzeitigen Rechtslage relevante Alternative ist die Strukturierung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung über sog. Hurdle Shares. Das sind Anteile, die mit einer negativen Liquidationspräferenz ausgestattet sind und so nur die Partizipation an zukünftigen Erträgen ermöglichen. Die Anteile sind damit im Zeitpunkt der Einräumung wertentleert, sodass kein zu versteuernder geldwerter Vorteil existiert. Entsprechende Gestaltungen bedürfen allerdings eines gewissen Strukturierungsaufwands und sollten stets durch eine Lohnsteueranrufungsauskunft abgesichert werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Der Referentenentwurf sieht eine deutliche Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vor und wäre ein erster Schritt, Innovationen und Investitionen in Deutschland zu fördern.

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