Dezember 2012 Blog

Beschleunigter Netzausbau des Höchstspannungsnetzes durch neues Planungsrecht

Mit dem Energiepaket 2011 ist neben einer Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) ein neues Planungsinstrumentarium, die sogenannte Bundesfachplanung, geschaffen worden. Ziel des neuen Planungsrechts ist die Vereinfachung und Beschleunigung des Ausbaus des Übertragungsnetzes in Deutschland. Gleichzeitig soll durch ein verbessertes Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren die Akzeptanz für den notwendigen Leitungsausbau geschaffen werden. Als sogenannter „one-stop-shop“ erhält die Bundesnetzagentur (BNetzA) umfangreiche neue Aufgaben auf allen Planungsebenen.

Das novellierte Planungs- und Genehmigungsrecht ist Kernstück der von der Bundesregierung im Sommer 2011 beschlossenen Energiewende. Regelungsgegenstand ist das deutsche Höchstspannungsnetz, das der Grobverteilung des erzeugten Stroms dient. Die Neuerungen betreffen drei Ebenen: die Bedarfsplanung, die Bundesfachplanung und das eigentliche Planfeststellungsverfahren. Auf allen drei Ebenen ist eine umfassende und frühzeitige Bürgerbeteiligung vorgesehen.

Mit den §§ 12a ff. EnWG gibt es fortan eine konkrete Bedarfsplanung für den Netzausbau. Über die Festlegung eines Szenariorahmens und einen daraus entwickelten Netzentwicklungsplan wird der konkrete Bedarf des Netzausbaus im Höchstspannungsbereich durch die BNetzA in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern entwickelt. Festgehalten wird dieser Bedarf – und das ist eine wichtige Neuerung – im Bundesbedarfsplan, der als Bundesgesetz verabschiedet wird. Der Bedarf für die hierin festgelegten Leitungsbauvorhaben ist somit gesetzlich festgelegt, was sich im Rahmen der Planrechtfertigung auswirkt.

Für die Planung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen gilt nunmehr für die nachfolgenden Planungsschritte das neugeschaffene NABEG. Das bisher von den Ländern durchgeführte Raumordnungsverfahren ist im NABEG durch die neugeschaffene Bundesfachplanung ersetzt worden. Die Festlegung der Trassenkorridore wird zukünftig konzentriert von der BNetzA durchgeführt, die hierdurch einen neuen Aufgabenbereich erhält. Aufwendige Koordinierungen der zuvor zuständigen Landesraumordnungsverfahren sind damit entfallen. Im Rahmen der Bundesfachplanung ist bereits die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung vorgesehen. Anders als das früher durchzuführende Raumordnungsverfahren entfaltet die neue Bundesfachplanung Bindungswirkung für das Planfeststellungsverfahren. Sowohl die Zuständigkeitskonzentration bei der BNetzA als auch die Bindungswirkung bezwecken eine erhebliche Beschleunigung des Planungs- und Zulassungsverfahrens. Die Entscheidungen der Bundesfachplanung entfalten jedoch keine Außenwirkung und sind daher nicht selbstständig angreifbar.

Auch für das Planfeststellungsverfahren trifft das NABEG eigene Regelungen für die ihm unterfallenden Vorhaben, die jedoch im Wesentlichen denen im EnWG entsprechen. Der Verfahrensbeschleunigung dient auf dieser Ebene eine lediglich abgeschichtete Umweltverträglichkeitsprüfung, die nur noch solche Umwelteinwirkungen umfasst, die nicht bereits auf Ebene der Bundesfachplanung im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung berücksichtigt worden sind. Eine generelle Zuständigkeit der BNetzA auch für das Planfeststellungsverfahren konnte im Gesetzgebungsverfahren nicht erreicht werden. Zuständig bleiben insoweit die Planfeststellungsbehörden der Länder. Als Kompromiss sieht § 2 Abs. 2 NABEG jedoch die Übertragung der Zuständigkeit auf die BNetzA durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vor. Inwieweit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, könnte wesentlich über die tatsächliche Beschleunigungswirkung des NABEG entscheiden.

Fazit:

  • Mit der Zuweisung der Planungskompetenz an die BNetzA erfolgt eine Kompetenzbündelung, die Verzögerungen im Rahmen der Länderkoordination entfallen lässt.
  • Die BNetzA erhält mit der Bundesfachplanung eine neue Kompetenz.
  • Die umfangreiche und frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ist grundsätzlich begrüßenswert. Die Koordinierung und der praktische Umgang mit derselben werden jedoch maßgeblich über den Beschleunigungseffekt entscheiden.
  • Das Belassen der Planfeststellungsverfahren bei den Landesbehörden könnte einen erheblichen Verzögerungsfaktor darstellen. Maßgeblich für das Erreichen der bezweckten Beschleunigung wird voraussichtlich die Übertragung dieser Kompetenz über die vorgesehene Rechtsverordnung sein.
  • Als problematisch könnte sich die Verlagerung des Rechtsschutzes auf die Ebenen der Planfeststellung herausstellen. Ein abgeschichteter Rechtsschutz schon auf der Ebene der Bundesfachplanung hätte hier dem Beschleunigungsgedanken besser Rechnung getragen.


Corinna Lindau
, Rechtsanwältin

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