Februar 2023 Blog

Beschleunigung in der Bauleitplanung durch Digitalisierung?

Die Beteiligung von Privaten und Behörden im Rahmen der Bauleitplanung („Auslegung“) soll nach einem Gesetzentwurf zukünftig primär digital stattfinden. Als weiteres Mittel zur Beschleunigung ist vorgesehen, für Änderungen oder Ergänzungen der Bauleitpläne nach Abschluss der Beteiligungsverfahren nicht mehr automatisch eine erneute Auslegung vorzusehen. Schließlich sollen auch einzelne Fristverkürzungen dem Beschleunigungsgedanken Rechnung tragen.

Hintergrund

Die zeitliche Dauer von Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren gilt seit geraumer Zeit als Hemmnis insbesondere für Bau- und Infrastrukturmaßnahmen. Mit dem Koalitionsvertrag der aktuellen Legislaturperiode nahmen sich die regierungstragenden Parteien unter anderem vor, die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren vorrangig umzusetzen, um dadurch Verfahrensbeschleunigungen zu ermöglichen. Während der COVID-19-Pandemie wurde der Vorrang digitaler Verfahren zunächst zeitlich beschränkt umgesetzt („Planungssicherstellungsgesetz“). Die infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine drohende Gefahr für die Versorgungssicherheit insbesondere im Energiebereich führte in diesem Sektor zu weiteren – teilweise vorläufigen – Regelungen insbesondere im Hinblick auf die Fristen für Beteiligungsverfahren (z.B. LNG- Beschleunigungsgesetz).

Überblick

Vor diesem Hintergrund verschreibt sich der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15. Februar 2023 „zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften“ einem dreifachen Ziel: das förmliche Beteiligungsverfahren soll regelmäßig auf digitale Konsultationen umgestellt, vermutete „Redundanzen“ bei der Änderung von Planentwürfen sollen vermieden und Fristen zur Genehmigung bestimmter Bauleitpläne sollen verkürzt werden. Der Entwurf adressiert dagegen nicht die Fragen der personellen und sachlichen Ausstattung der ausführenden Verfahrensstellen. So bleiben die von Verbänden hier wahrgenommenen Hemmnisse für Verfahrensbeschleunigungen einstweilen auf der Strecke.

Zu den Einzelheiten des Gesetzentwurfs

Zu den vorgeschlagenen Änderungen im Bauleitplanverfahren gehören im Einzelnen:

1. § 3 Abs. 2-neu Baugesetzbuch (BauGB) führt die digitale Konsultation ein. Sie soll sogleich den primären Verfahrensmodus für die Beteiligung der privaten Öffentlichkeit darstellen. Die digitale Veröffentlichung der Bauleitpläne in der Entwurfsfassung mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen ergibt sich damit zukünftig als Regelmodus. Daneben bleibt zusätzlich eine Form der analogen Auslegung der Planungsunterlagen erhalten. Der Gesetzgeber spricht insoweit jedoch von „einer oder mehreren anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten“, denen „etwa eine öffentliche Auslegung“ entsprechen solle. Die Konsultation auf zwei Wegen soll allen Teilen der Bevölkerung eine Beteiligung ermöglichen und die Vereinbarkeit des Entwurfs mit dem Europarecht sicherstellen. Einwendungen im Rahmen der Auslegung (Öffentlichkeitsbeteiligung) sollen elektronisch übermittelt werden. „Bei Bedarf“ können sie aber auch „auf anderem Weg“ abgegeben werden. Auch an dieser Stelle sucht der Gesetzgeber die Vereinbarkeit mit dem Europarecht und berücksichtigt den Teilhabewunsch etwa der Bevölkerungsteile, die nicht technikaffin sind. Gleichzeitig würde so klargestellt, dass Einwendungen auch „nur“ per E-Mail eingereicht werden können, was bisher gesetzlich nicht klargestellt war. Die Form der maßgeblichen Bekanntmachungen soll sich weiterhin nach dem Ortsrecht bestimmen. Der Inhalt der Bekanntmachungen ist aber zusätzlich in das Internet einzustellen; die auszulegenden Unterlagen sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Dies regelte bisher schon § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB, dessen Inhalt in § 3 Abs. 2-neu BauGB aufgeht.

2. § 4 Abs. 2-neu BauGB soll verfahrenstechnisch den Gleichlauf zwischen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung sichern: Die Vorschrift bestimmt, dass die Gemeinde die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange „elektronisch“ über die Internetseite mit dem abrufbaren Planentwurf benachrichtigen soll. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind aufgefordert („sollen“), ihre Stellungnahmen ebenfalls elektronisch zu übermitteln.

3. Der Gesetzentwurf möchte vermutete „Redundanzen“ abbauen und schlägt dafür Änderungen in § 4a Abs. 3 BauGB vor. Im Falle der Änderung oder Ergänzung des Bauleitplans nach Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden galt bisher, dass das Beteiligungsverfahren erneut durchgeführt werden muss. Die Rechtsprechung half teilweise aus, indem sie lediglich klarstellende Korrekturen nicht als Änderung oder Ergänzung auffasste, da diesbezüglich eine nochmalige Gelegenheit zur Stellungnahme eine „bloße Förmlichkeit“ darstellte, „die für den mit dem Beteiligungsverfahren verfolgten Zweck nichts erbringen könnte“ (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom Beschl. v. 14. April 2010 – Aktenzeichen 4 B 78/09). Zukünftig ist von der erneuten Offenlage auch abzusehen, wenn die Änderung oder Ergänzung „offensichtlich“ nicht zu einer „erstmaligen oder stärkeren Berührung von Belangen“ führt. Für den Fall, dass das Beteiligungsverfahren erneut durchlaufen werden muss, wird die Behörde dazu angehalten, die Fristen zu verkürzen und den Kreis der Beteiligten einzuschränken. Diese Fristverkürzung ist bereits jetzt auf der Grundlage einer entsprechenden Ermessensentscheidung möglich. Mit der vorgeschlagenen Neufassung wird diese Kann- in eine Soll-Bestimmung umgeschrieben.

4. Über die Genehmigung von Flächennutzungsplänen entscheidet im geltenden Recht die höhere Verwaltungsbehörde innerhalb einer Frist von drei Monaten (§ 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB). Die Frist kann aus wichtigem Grund verlängert werden. Nach Ablauf der Frist gilt die Genehmigung als erteilt. Für bestimmte Bebauungspläne ist diese Genehmigung Voraussetzung dafür, dass sie in Kraft treten können. Der Entwurf sieht vor, dass die Regelfrist von drei auf einen Monat verkürzt wird.

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