Bundesarbeitsgericht bestätigt fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. Juni 2011 die Klage einer Arbeitnehmerin abgewiesen, die gegen eine fristlose Kündigung geklagt hat.
Die Arbeitnehmerin war seit rund 17 Jahren als Verwaltungsfachangestellte bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Den Beginn und das Ende ihrer täglichen Anwesenheitszeit hatte sie in einem Zeiterfassungssystem an ihrem Arbeitsplatz zu dokumentieren. Der Tarifvertrag sah ausdrücklich vor, dass die Arbeitszeit "an der Arbeitsstelle" beginnt und endet.
Die Arbeitnehmerin erfasste im Sommer 2008 insgesamt 135 Minuten als Arbeitszeit, in denen sie das Dienstgebäude noch nicht betreten hatte. Die Mitarbeiterin räumte ein, diese Zeit für die Parkplatzsuche verwendet zu haben. Sie war der Ansicht, ihre Arbeitszeit beginne mit der Auffahrt auf den Betriebsparkplatz. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos wegen Arbeitszeitbetrugs. Eine Abmahnung war der Arbeitnehmerin zuvor nicht erteilt worden.
Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Kündigung für wirksam. Die Arbeitnehmerin habe wiederholt und systematisch gegen die Verpflichtung verstoßen, ihre Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren.
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung ist demnach grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Arbeitnehmer zugleich einen Straftatbestand erfüllt. Maßgeblich ist vielmehr der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.
Vor Ausspruch einer Kündigung ist allerdings immer zu prüfen, ob die Kündigung die „mildeste“ Reaktionsmöglichkeit des Arbeitgebers darstellt oder ob diesem der Ausspruch einer Abmahnung zumutbar ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer ersichtlich ausgeschlossen ist.
Letztes hat das Bundesarbeitsgericht im Fall angenommen und damit die Kündigung ohne vorherige Abmahnung für wirksam erklärt.
Fazit:
Ein Arbeitszeitbetrug stellt grundsätzlich eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen kann. Der Arbeitgeber muss allerdings den Beweis führen, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich gehandelt hat. Kann der Arbeitgeber dies nicht beweisen, wird er den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung regelmäßig abmahnen müssen.
(BAG, Urteil vom 09.06.2011, 2 AZR 381/10).
Dr. Jan T. Hartmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht