Juli 2016 Blog

Bundesrat stoppt Erbschaftsteuerreform

Die vom Bundestag bereits verabschiedete Neuregelung der erb- und schenkungsteuerlichen Privilegien von Unternehmenserben tritt vorerst nicht in Kraft, da der Bundesrat seine Zustimmung verweigert hat. Die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gesetzte Frist für eine Neuregelung ist zum 1. Juli 2016 verstrichen und die derzeitige Anwendbarkeit des geltenden Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) streitig. Nun hat das BVerfG angekündigt, sich Ende September wieder mit dem ErbStG befassen zu wollen.

Hintergrund

Das BVerfG hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung für die Ende 2014 für verfassungswidrig erklärten erb- und schenkungsteuerlichen Privilegien von Unternehmenserben zu schaffen. Nach monatelangen zähen Verhandlungen innerhalb der Regierungskoalition wurde der Erbschaftsteuerreform nun vorerst gestoppt. Der Bundesrat hat der Gesetzesänderung seine Zustimmung verweigert und den Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag angerufen.

Anwendbarkeit des ErbStG nach Verstreichen der Frist

Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2014 die Fortgeltung der für verfassungswidrig erklärten erb- und schenkungsteuerlichen Privilegien von Unternehmenserben jedenfalls bis zum 30. Juni 2016 angeordnet. In den vergangenen Monaten wurde viel darüber spekuliert, ob der Gesetzgeber die gesetzte Frist wird einhalten können und welche Folgen ein Verstreichen der Frist insbesondere für Unternehmenserben haben könnte. Das größtmögliche Übel für Unternehmenserben wäre die Fortgeltung des ErbStG während die Privilegierungsvorschriften in der  Übergangszeit bis zu einer Neuregelung unanwendbar sind.  Die Folge wäre eine Belastung der gesamten Erbschaft mit Erbschaftsteuer.

Innerhalb des steuerrechtlichen Schrifttums ist man so gut wie einhellig der Auffassung, dass das ErbStG ab dem 1. Juli 2016 bis zu einer Neuregelung insgesamt nicht anwendbar ist und daher auch generell keine Erbschaftsteuer erhoben werden könne. Nach dieser Auffassung ließe sich Vermögen in der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung unbegrenzt erb- und schenkungsteuerfrei übertragen.

Das BVerfG hält das ErbStG, einschließlich der verfassungswidrigen Privilegierungsvorschriften, hingegen auch nach dem 1. Juli 2016 für die Übergangszeit bis zu einer Neuregelung weiterhin für vollumfänglich anwendbar. Dies wurde schon vom für die Entscheidung des BVerfG zuständigen Berichterstatter auf mehreren Fachveranstaltungen vertreten. Im März 2016 erklärte auch der Pressesprecher des BVerfG, dass die Überschreitung der Umsetzungsfrist zunächst keinerlei Konsequenzen haben soll. In seiner Pressemitteilung vom 14. Juli 2016 hat das BVerfG nun dargelegt, dass die für verfassungswidrig erklärten Normen fortgelten. Zudem hat das BVerfG angekündigt, sich Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normkontrollverfahren um das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz befassen zu wollen.

Praxisfolgen

Für Unternehmenserben und Nachfolgeplanungen bedeutet diese erneute Verzögerung der Erbschaftsteuerreform eine weitere Hängepartie. Wie die künftige erb- und schenkungsteuerliche  Privilegierung von Unternehmenserben im Detail aussehen wird, bleibt weiterhin abzuwarten. Immerhin dürfte sich die Lage für den Erbanfall etwas entspannt haben, der sich - anders als die schenkweise Übertragung des Unternehmens - nicht planen lässt. Erbschafsteuerpflichtige, die infolge von Erbfällen nach dem 30. Juni 2016 die Unternehmensnachfolge antreten, haben nach der Pressemitteilung des BVerfG vom 14. Juli 2016 guten Grund zu hoffen, dass das ErbStG einschließlich der Privilegien für Unternehmenserben trotz des Verstreichens der vom BVerfG gesetzten Frist fort gilt.

Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
Frankfurt

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