November 2023 Blog

Erleichterte Fachkräfte-Einwanderung nach Deutschland 

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 erleichtert die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten nach Deutschland. Erste gesetzliche Änderungen zum Aufenthaltsrecht sind am 18.11.2023 in Kraft getreten, weitere stehen an. Hier ein Überblick zu wesentlichen, für Arbeitgeber relevanten Neuerungen.

1. Ziele

Die neuen gesetzlichen Regelungen dienen der Bekämpfung des zunehmenden Fachkräftemangels in Deutschland. Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt durch Fachkräfte aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten wird vereinfacht, indem sie leichter einen Aufenthaltstitel erlangen können. Zudem wurde die geänderte EU-Hochqualifizierten-Richtlinie 2009/50/EG des Rates in nationales Recht umgesetzt.

2. Blaue Karte EU

Die sog. Blaue Karte EU gemäß § 18g AufenthG gestattet Angehörigen eines Nicht-EU-Mitgliedstaates mit akademischer Ausbildung eine angemessene inländische Beschäftigung. Dieser Aufenthaltstitel hat für viele Unternehmen in Deutschland große praktische Bedeutung.

Das Mindesteinkommen für Regel- und Engpassberufe wurde deutlich abgesenkt, insbesondere für Berufsanfänger mit Hochschulabschluss. Es beträgt 50 % bzw. 45,3 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Jahr 2024 sind das jährlich etwa 45.300 € bzw. 41.042 € brutto.

Zu den Engpassberufen mit niedrigerer Gehaltsschwelle zählen neben Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin nunmehr auch Führungskräfte in der Warenproduktion, der Logistik, der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der IT, Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen. Der Begriff der Führungskraft wird weit verstanden, so dass bereits eine Projektleitung genügen kann. 

IT-Spezialisten ohne Hochschulabschluss können eine Blaue Karte EU erhalten, wenn sie über eine einschlägige Berufserfahrung von zwei (bisher: drei) Jahren verfügen. Besondere Sprachkenntnisse brauchen nicht nachgewiesen zu werden.
Die Mobilität innerhalb der EU von Inhabern einer Blauen Karte EU und der Familiennachzug zu ihnen wurde vereinfacht.

3. Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und auf Branchenwechsel

Zuwanderungsfreundlich ist auch der geänderte Wortlaut von § 18a und § 18b AufenthG: „Einer Fachkraft (…) wird eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung jeder qualifizierten Beschäftigung erteilt.“

Bislang „konnte“ die Ausländerbehörde einer Fachkraft mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Nunmehr besteht ein Rechtsanspruch des Ausländers. In nicht-reglementierten Berufen dürfen Fachkräfte „jede“ qualifizierte Beschäftigung ausüben, selbst wenn ihre erworbene Qualifikation sie dazu nicht befähigt. Dieser Wegfall der Verbindung zwischen Qualifikation und Beschäftigung ermöglicht einen branchenunabhängigen Arbeitgeberwechsel und flexibilisiert damit den Arbeitsmarkt.

4. Anerkennungspartnerschaft

Der Prozess der Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation wird erleichtert. Ab 01.03.2024 soll gemäß § 16d Abs. 3 AufenthG eine sog. Anerkennungspartnerschaft zwischen inländischem Arbeitgeber und Fachkraft zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Die Fachkraft muss das Anerkennungsverfahren nach Einreise unverzüglich einleiten. Der Arbeitgeber verpflichtet sich gegenüber dem Ausländer, ihm die geforderten Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen.

5. Beschäftigung von Studierenden 

Die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen, die in Deutschland mit einem Studentenvisum studieren, wird in § 16b AufenthG flexibilisiert. Künftig zulässig sind 140 volle oder 280 halbe Arbeitstage bzw. eine Beschäftigung als Werkstudent mit bis zu 20 Wochenstunden während der Vorlesungszeit.

6. Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche

Ab 01.06.2024 kann ein Drittstaatsangehöriger, dessen Lebensunterhalt gesichert ist, gemäß § 20a, § 20b AufenthG eine sog. Chancenkarte erhalten. Das ist eine Aufenthaltserlaubnis zur Suche einer Erwerbstätigkeit oder von Maßnahmen zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation. 

Der Ausländer muss Fachkraft sein oder genügend Punkte nach einem Punktemodell erhalten haben. Kriterien sind beispielsweise Sprachkenntnisse, Berufserfahrung und Lebensalter. Die Chancenkarte berechtigt zu einer Beschäftigung von durchschnittlich insgesamt höchstens 20 Stunden je Woche und einer Probebeschäftigung von jeweils bis zu zwei Wochen.

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