Dezember 2012 Blog

Gebrauchte Softwarelizenzen?

Gebrauchte Lizenzen sind günstiger als neue. Aber was bekommt man, wenn man eine gebrauchte Lizenz erwirbt? Unter Umständen gar nichts. - Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 3.2.2011 ("UsedSoft") ausführlich erläutert, welche Probleme sich beim Erwerb einer gebrauchten Lizenz ergeben können, die Entscheidung aber dem EuGH überlassen, weil die Auslegung der Richtlinie 2009/24 über den Schutz von Computerprogrammen betroffen ist. Die Probleme stellen sich nicht nur bei Computerprogrammen, sondern grundsätzlich auch für digitale Inhalte, E-Books, Musik, Filme etc.

Ausgangspunkt war das Geschäftsmodell der Beklagten, Softwarelizenzen, die ihre Inhaber nicht mehr benötigten, an Dritte zu verkaufen, günstiger natürlich, als die Neulizenzierung beim Hersteller, der Klägerin, gewesen wäre. Diese hatte allerdings ihren Kunden, von denen die Beklagte die Lizenzen erworben hatte, die Übertragung der Lizenz nicht gestattet. Nun benötigt, wer eine vom Hersteller auf einem Datenträger in Verkehr gebrachte Software auf diesem Datenträger weiter veräußern möchte, hierfür gar keine Lizenz. Das Verbreitungsrecht bezüglich dieses Datenträgers ist "erschöpft", der Hersteller kann die weitere Verbreitung nicht verhindern. Das rechtfertigt sich zum einen im allgemeinen Interesse an der Verkehrsfähigkeit von Wirtschaftsgütern, mit Rücksicht auf die Interessen des Herstellers daraus, dass er beim ersten Inverkehrbringen eine Vergütung erhält, und, da sich die Erschöpfung seines Verbreitungsrechts auf das konkrete Stück beschränkt, weil einigermaßen sichergestellt ist, dass er die Nachfrage Dritter wieder selbst befriedigen kann, denn das gewerbliche Kopieren ist verboten. Wie aber, wenn - so war es im vorliegenden Fall, und so ist mehr und mehr die Praxis - dem ersten Erwerber kein Datenträger zur Verfügung gestellt wird, sondern nur der Content, nur die Software, die der Hersteller zum Download anbietet? Kann man sagen, dass das Verbreitungsrecht bezüglich des konkreten Datensatzes erschöpft ist, weil, wirtschaftlich betrachtet, einfach der Online-Vertrieb an die Stelle des Vertriebs physischer Trägermedien rückt? Oder muß man das ablehnen, weil im digitalen Medium eben nicht sichergestellt ist, dass mit der Weggabe des Datensatzes die Nutzung der Daten aufhört, und weil die Verbreitung des Datensatzes in Wirklichkeit eine Kopie der Daten (des Werkes, Computerprogramms etc.) ist?

Eine Besonderheit kommt bei Computerprogrammen hinzu: Wer eines rechtmäßig erworben hat, darf es nicht nur, s.o., weiterverbreiten, sondern für sich selbst auch kopieren. Darauf stützte sich die Beklagte im vorliegenden Fall: Ihre Kunden kopierten - indem sie vom Server der Klägerin deren Software herunterluden - rechtmäßig, weil sie die "gebrauchte Lizenz" rechtmäßig erhalten hätten, "rechtmäßig" insoweit deshalb, weil bezüglich des konkreten Datensatzes das Verbreitungsrecht des Herstellers erschöpft sei, s.o. Tatsächlich konnte die Beklagte sogar eine notarielle Bescheinigung vorlegen, wonach der ursprüngliche Datensatz nicht mehr benutzt werde.

Die Argumentation der Beklagten ist auf der Höhe der Zeit, vielleicht auch nur en vogue, passt einstweilen aber nicht zum geltenden Recht. Der BGH hat deshalb - in einem Votum, das verbindliche Beantwortungsrecht liegt beim EuGH - einfach sagen können, dass nach dem Gesetz die Verkehrsfähigkeit weder für das Werk, noch für die Lizenz, sondern allein für das konkrete, vom Hersteller in Verkehr gebrachte Werkstück gewährleistet sein müsse, und dass, wenn man anders entschiede, die Erschöpfung nicht das einzelne Werkstück treffe, sondern das Werk selbst, was gegen das Gesetz und auch sonst nicht notwendig sei. -

Die Praxis der Softwarehersteller - bei E-Books ist es nicht anders - ist verständlich. Für den Online-Vertrieb sprechen gute Gründe, nicht nur die Interessen der Anbieter. Aber die Erwartung der Kunden, man könne mit einem Programm, einem E-Book, einer Musikdatei etc., das man "gekauft" hat, "schwarz auf weiß besitzt" etc., auch wie mit Eigentum verfahren, es z.B. veräußern, wenn man es nicht mehr braucht, können die Anbieter auf Dauer nicht enttäuschen, sondern nur befriedigen oder durch Marketing umerziehen.

(BGH, Beschl. v. 3.2.2011 - I ZR 129/08 – UsedSoft)

Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Frankfurt

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