Februar 2013 Blog

Gerichtliche Auflösung einer Gesellschaft bei Gesellschafterstreit

Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg kommt die mit einer Klage verfolgte Auflösung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ausnahmsweise dann in Betracht, wenn zwischen den Gesellschaftern ein tiefgreifendes und offensichtlich unheilbares Zerwürfnis besteht, das in den vergangen Jahren verhindert hat, dass die nach dem Gesellschaftsvertrag durchgängig erforderlichen einstimmigen Gesellschafterbeschlüsse gefasst werden konnten.

Entscheidung des Gerichtes

Im vorliegenden Fall beendete das Gericht einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen Gesellschaftern einer beklagten GmbH durch die Auflösung der Gesellschaft. Mildere Mittel zur Beseitigung der erheblichen gesellschaftsinternen Konflikte standen nach Ansicht des Gerichtes nicht zur Verfügung.

Am Stammkapital der Beklagten waren drei Gesellschafter zu gleichen Teilen mit je einem Drittel (1/3) beteiligt und in den Gesellschafterversammlungen der Beklagten entsprechend stimmberechtigt. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages der Beklagten bedurften Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer Mehrheit von mindestens dreiviertel (3/4) der abgegebenen Stimmen und konnten damit - eine ordnungsgemäße Einberufung der Gesellschafterversammlung vorausgesetzt - faktisch nur einstimmig gefasst werden.

Zwei der Gesellschafter hatten ihrem klagenden Mitgesellschafter über Jahre hinweg Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft sowie Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft verweigert. Ebenso hatten die beiden Gesellschafter eine Teilnahme und Stimmabgabe des Klägers in den Gesellschafterversammlungen der Beklagten dadurch verhindert, dass sie ihn fortwährend zu den Gesellschafterversammlungen der Beklagten nicht ordnungsgemäß eingeladen hatten. Frühere Gerichtsentscheidungen zugunsten des Klägers über dessen Gesellschafterstellung und Mitverwaltungsrechten an der Beklagten wurden von den beiden Gesellschaftern ignoriert.

Auch der Versuch des Klägers, durch Einziehung oder durch Veräußerung seines Geschäftsanteils an die beiden Gesellschafter aus der Beklagten auszuscheiden, war im Streit über die Höhe des Abfindungsanspruchs bzw. Wertes des Geschäftsanteils des Klägers an der fehlenden Mitwirkung der beiden Gesellschafter gescheitert.

Nach Ansicht des Gerichts lag im vorliegenden Fall ein wichtiger Grund für eine gerichtliche Auflösung der Beklagten nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 3, 61 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) vor. Nach dieser Vorschrift kann eine GmbH „durch gerichtliches Urteil aufgelöst werden, wenn die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich wird, oder wenn andere, in den Verhältnissen der Gesellschaft liegende, wichtige Gründe für die Auflösung vorhanden sind“.

Das Gericht nahm aufgrund der vorgenannten Umstände „eine tiefgreifende unheilbare Zerrüttung zwischen den Gesellschaftern an, die die Fortsetzung der Gesellschaft unter den bisherigen Gesellschaftern unzumutbar machte, und die [...] nicht durch Ausschließung eines Gesellschafters oder durch Einziehung seines Geschäftsanteils behoben werden konnte“.

Eine Revision des Urteils durch den Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen.

Hintergrund

Die Mitgliedschaft in einer GmbH endet (i) durch die Beendigung der Gesellschafterstellung oder (ii) durch die Beendigung der Gesellschaft.

Die Beendigung der Gesellschafterstellung erfolgt insbesondere (i) durch Veräußerung bzw. Vererbung (§ 15 Abs. 1 GmbHG) oder (ii) durch Einziehung des Geschäftsanteils (§ 34 GmbHG) sowie (iii) durch Austritt (§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB analog) bzw. Ausscheiden des Gesellschafters (§ 737 des Bürgerlichen Gesetzbuchens (BGB) i.V.m. § 140 des Handels-gesetzbuches analog).

In den Fällen der Einziehung, des Austritts oder des Ausscheidens steht dem ehemaligen Gesellschafter ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB analog), dessen Höhe sich - vorbehaltlich einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Bestimmung - nach dem Wert des Geschäftsanteils zum Zeitpunkt der Beendigung der Gesellschafterstellung richtet.

Die Beendigung der Gesellschaft erfolgt insbesondere durch Auflösung. Wichtigste Gründe für die Auflösung einer Gesellschaft sind (i)    Beschluss der Gesellschafter (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), (ii) Auflösungsklage eines Gesellschafters (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG i.V.m. § 61 GmbHG) sowie (iii) Insolvenz der Gesellschaft (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 - 5 GmbHG).

(OLG Naumburg, Urteil vom 20. April 2012 - 10 U 24/10.Hs)

Daniel Jamin, LL.M. (Sydney), Rechtsanwalt

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!