März 2023 Blog

Gesellschafterbeschluss: Beteiligungsrecht auch bei Stimmverbot

Auch bei einer konkludenten Beschlussfassung ist der Gesellschafter, für den ein Stimmverbot besteht, bei dem Beschlussverfahren zu beteiligen.

Sachverhalt 

Der Kläger und die beiden Beklagten sind die Gesellschafter einer GbR, bei der Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig gefasst werden können. Die GbR hatte einer Gesellschaft italienischen Rechts („F.Srl.“) die Nutzung einer der GbR gehörenden Marke vertraglich gestattet. Geschäftsführer der F.Srl. ist der Kläger, dem die F.Srl. auch mehrheitlich gehört. Nachdem die Beklagten zur Überzeugung gelangt waren, dass der Kläger und die F.Srl. die Rechte der GbR verletzt hatten, kündigten die beiden Beklagten im Namen der GbR den Lizenzvertrag zur Nutzung der Marke, indem sie per Anwaltsschreiben der F.Srl. jegliche Nutzung der Marke untersagten. Zur Begründung haben sich die beiden Beklagten auch auf von dem Kläger persönlich und in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der F.Srl. vorgenommene Pflichtverletzungen berufen. Der Kläger klagte u.a. auf Feststellung, dass der Lizenzvertrag ungekündigt fortbestehe. 

Entscheidung

Der BGH stellte fest, dass der Lizenzvertrag nicht wirksam gekündigt worden sei. Es könne nach den bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die im Namen der GbR erklärte Kündigung auf einer wirksamen Beschlussfassung ihrer Gesellschafter beruhe. Die Kündigung stelle zwar eine bei einer GbR grundsätzlich mögliche konkludente Beschlussfassung der Gesellschafter dar. Auch habe der Kläger bei der Beschlussfassung über die Kündigung einem Stimmverbot unterlegen. Dem Kläger hätte aber die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, sich an dem Beschlussverfahren zu beteiligen, was nach den bisherigen Feststelllungen nicht der Fall gewesen sei.

In diesem Zusammenhang bestätigte der BGH zunächst den allgemein geltenden Grundsatz, dass niemand Richter in eigener Sache sein könne. Daraus folge, dass bei Gesellschafterbeschlüssen, die darauf abzielen, das Verhalten eines Gesellschafters zu billigen oder zu missbilligen, für den betroffenen Gesellschafter ein Stimmverbot bestehe. Daher habe der Kläger bei der konkludenten Beschlussfassung: sprich der Entscheidung der Gesellschafter zur Kündigung des Vertrages einem Stimmverbot unterlegen. Insoweit sei maßgeblich, dass die Kündigung bzw. der konkludent gefasste Gesellschafterbeschluss (auch) auf dem Vorwurf von Pflichtverletzungen beruht, die der Kläger persönlich und in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der F.Srl. begangen haben soll. Die fehlende Stimmabgabe des Klägers habe daher aufgrund des Stimmverbotes zwar nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses geführt.

Der Kläger hätte allerdings an dem Beschlussverfahren beteiligt werden müssen. Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung weist der BGH darauf hin, dass auch der einem Stimmverbot unterliegende Gesellschafter im Rahmen der Beschlussfassung die Möglichkeit haben muss, die Einhaltung der notwendigen Förmlichkeiten zu prüfen, Einwände geltend zu machen, die Willensbildung der Gesellschaft nachzuvollziehen und auf die Meinungsbildung der anderen Gesellschafter Einfluss zu nehmen. Dies gelte auch für eine konkludente Beschlussfassung. Eine fehlende Beteiligung des Klägers an der streitgegenständlichen Beschlussfassung begründe daher die Unwirksamkeit des konkludent gefassten Gesellschafterbeschlusses zur Kündigung des Lizenzvertrages.

(BGH, Urt. v. 17.01.2023 - II ZR 76/21)

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