Dezember 2022 Blog

Inkrafttreten Ölembargo und Ölpreisdeckel zum 5. Dezember 2022

Am 5. Dezember 2022 sind das in Art. 3m der Russland-Embargo-Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (VO 833/2014) niedergelegte Einfuhrverbot für auf dem Seeweg transportiertes Rohöl mit Ursprung in oder ausgeführt aus Russland sowie der in Art. 3n VO 833/2014 geregelte Ölpreisdeckel für derartiges Rohöl in Kraft getreten.

Während das Ölembargo gemäß Art. 3m VO 833/2014 den Transport und die Einfuhr von russischem Rohöl auf dem Seeweg in die EU sowie dessen Kauf grundsätzlich untersagt (wobei jedoch einige Ausnahmen vorgesehen sind), betrifft der durch Art. 3n VO 833/2014 ausgestaltete Ölpreisdeckel ausschließlich den Transport von russischem Rohöl zwischen Nicht-EU-Ländern (einschließlich Russland).

Inhalt und Reichweite des Ölembargos

Das Verbot, Rohöl und Erdölerzeugnisse mit Herkunft oder Ursprung Russland unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, in die EU einzuführen oder zu verbringen, wurde bereits am 3. Juni 2022 im Rahmen des Sechsten Sanktionspakets in die VO 833/2014 eingefügt, sah aber eine sechsmonatige Übergangsfrist für die Erfüllung von Altverträgen sowie für kurzfristige einmalige Geschäfte in Bezug auf Rohöl der KN-Position 2709 (Inkrafttreten zum 5. Dezember 2022 gemäß Art. 3m Abs. 3 lit. a mit einer längeren Übergangsfrist für Bulgarien gemäß Art. 3m Abs. 5) sowie eine entsprechende achtmonatige Übergangsfrist für Erdölerzeugnisse der KN-Position 2710 (Inkrafttreten zum 5. Februar 2023 gemäß Art. 3m Abs. 3 lit. b mit einer längeren Übergangsfrist in Bezug auf Vakuumgasöl für Kroatien gemäß Art. 3m Abs. 6) vor.

Darüber hinaus gelten die Verbote nach Art. 3m VO 833/2014 auf Drängen Ungarns von vornherein nur für Rohöl, das auf dem Seeweg in die EU transportiert wird, nicht hingegen für Rohöl, das über Pipelines aus Russland in die EU gelangt (Art. 3m Abs. 3 lit. d). Von dieser Sonderregelung profitieren neben Ungarn grundsätzlich auch die Slowakei, Tschechien, Polen und Deutschland, da diese Länder über die Druschba-Pipelines mit russischem Rohöl versorgt werden. Polen und Deutschland haben allerdings eine schriftliche Protokollerklärung abgegeben, dass sie ab 1. Januar 2023 auf den Bezug russischen Rohöls über Pipelines verzichten werden.

Die Sonderregelung für über Pipelines in die EU eingeführtes Rohöl wird zudem dadurch eingeschränkt, dass die Weiterleitung oder Beförderung des über Pipelines in die EU gelieferten Rohöls in andere Mitgliedstaaten oder Drittländer ab dem 5. Dezember 2022 und die Lieferung daraus hergestellter Erdölerzeugnisse ab dem 5. Februar 2023 (bzw. ab dem 5. Dezember 2023 für Lieferungen nach Tschechien) grundsätzlich untersagt wird (Art. 3m Abs. 8), wobei im Rahmen des Neunten Sanktionspaktes durch die Verordnung (EU) 2022/2474 eine (genehmigungspflichtige) Ausnahme für die Ausfuhr bestimmter, in Anhang XXXI der VO 833/2014 gelisteter Erdölerzeugnisse aus Ungarn oder der Slowakei in die Ukraine eingefügt wurde.

Daneben sieht Art. 3m Abs. 3 lit. c VO 833/2014 eine Befreiung vom Verbot für solche Rohöl und Erdölerzeugnisse vor, die ihren Ursprung in einem anderen Drittland haben und nur in Russland verladen werden, aus Russland abgehen oder durch Russland durchgeführt werden, sofern die Waren nicht-russischen Ursprunges sind und nicht in russischem Eigentum stehen; hierdurch soll sichergestellt werden, dass Drittstaaten, die für den Handel mit ihren Produkten auf die Nutzung der russischen Infrastruktur angewiesen sind, nicht mitsanktioniert werden.

Während allerdings die sonstigen in der VO 833/2014 niedergelegten Kauf-/Einfuhrverbote in Bezug auf Waren mit Ursprung oder Herkunft Russland stets auch den Transport der in den einschlägigen Anhängen gelisteten Waren zwischen Russland und Drittstaaten sowie die Erbringung von auf den Transport bezogenen Diensten oder Finanzhilfen untersagen, wurde der Transport von russischem Rohöl zwischen Drittstaaten – insbesondere auf Druck griechischer Reeder – vom Ölembargo des Art. 3m VO 833/2014 ausgenommen.

Somit wurde Russland zwar weitestgehend die Möglichkeit abgeschnitten, durch den Verkauf von Rohöl in die EU Einnahmen zur Finanzierung seines Angriffskriegs gegen die Ukraine zu erzielen. Es bestand aber weiterhin die Möglichkeit, dass Russland sein Rohöl in andere Länder verkauft und so vom hohen Ölpreis, der durch den Krieg gegen die Ukraine in hohem Maße mitverursacht wurde, profitiert.

Inhalt und Reichweite der Preisobergrenze für Öl

Um zu verhindern, dass Russland nach Inkrafttreten des EU-Ölembargos sein Rohöl ohne finanzielle Einbußen in Drittstaaten umlenkt, wurde durch die G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA und UK) die Festsetzung einer Preisobergrenze für russisches Rohöl angestoßen. Darauf, dass eine derartige Preisobergrenze für russisches Öl kommen soll, haben sich die G7-Staaten sowie die EU, die bei allen Treffen der G7 vertreten ist, bereits Anfang Oktober 2022 verständigt. Durch Neufassung des Art. 3n VO 833/2014 wurden im Rahmen des Achten Sanktionspakets die Voraussetzungen für ihre Einführung geschaffen.

Während Art. 3n VO 833/2014 in seiner ursprünglichen Fassung vorgesehen hatte, dass zwar die Erbringung von Dienstleistungen und Finanzhilfen (einschließlich (Rück-)Versicherungen) im Zusammenhang mit der Beförderung von russischem Öl auf dem Seeweg in Drittstaaten nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich verboten sein sollte, nicht aber die Beförderung selbst, sah der durch die Verordnung (EU) 2022/1904 vom 6. Oktober 2022 neu gefasste Art. 3n VO 833/2014 stattdessen vor, dass nach Ablauf der Übergangsfristen (5. Dezember 2022 für Rohöl und 5. Februar 2023 für Erdölerzeugnisse) sowohl der Transport auf dem Seeweg als auch darauf bezogene Dienstleistungen/Finanzhilfen grundsätzlich verboten sind, wenn der Einkaufspreis oberhalb eines festgelegten Preises liegt (Art. 3n Abs. 1 und 4) und grundsätzlich erlaubt, wenn der Einkaufspreis darunter liegt (Art. 3n Abs. 6 lit. a). Die anwendbare Preisobergrenze selbst wurde aber durch die Verordnung (EU) 2022/1904 nicht festgelegt. Stattdessen sah Art. 3n Abs. 5 VO 833/2014 vor, dass die alte Regelung so lange fortgilt, bis eine Preisobergrenze für russisches Öl durch Änderung des Anhangs XI des Beschlusses 2014/512 GASP durch den Rat beschlossen wurde.

Ein derartiger Beschluss wurde in Bezug auf russisches Rohöl am 3. Dezember 2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht, nachdem sich zuvor die EU-Mitgliedstaaten, die G7-Staaten und Australien auf eine Preisobergrenze für russisches Rohöl i.H.v. USD 60 je Barrel verständigt hatten. Der Beschluss wurde durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/2368 vom 3. Dezember 2022 umgesetzt, durch die eine Tabelle in Anhang XXVIII der VO 833/2014 eingefügt wurde, in der die Preisobergrenze für russisches Rohöl und der Geltungsbeginn 5. Dezember 2022 niedergelegt sind.

Zudem wurde durch Verordnung (EU) 2022/2367 vom selben Tag die Fassung des Art. 3n VO 833/2014 abermals geändert. Während einige Anpassung lediglich als Klarstellungen zu verstehen sein dürften, wurde durch Art. 3n Abs. 6 lit. d eine neue Altvertragsregelung eingefügt (Verladung vor dem 5. Dezember 2022 und Entladung vor dem 19. Januar 2023) und es wurde mit Art. 3n Abs. 9 eine neue Befreiung von den Verboten eingefügt (dringende Abwendung oder Eindämmung von Ereignissen mit schwerwiegenden und wesentlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt oder Bewältigung von Naturkatastrophen). Darüber hinaus sieht der neu eingefügte Art. 3n Abs. 10 gegenseitige Unterrichtungspflichten im Falle der Feststellung von Verstößen oder Umgehungen vor. Schließlich sieht der neue Art. 3n Abs. 11 vor, dass die Funktionsweise des Preisobergrenzenmechanismus, einschließlich des Anhangs XXVIII sowie der Verbote in Art. 3n Abs. 1 und 4, Mitte Januar 2023 und danach alle zwei Monate überprüft werden sollen und dass bei der Überprüfung „die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die erwarteten Ergebnisse, ihre Umsetzung, die internationale Befolgung und informelle Übernahme des Preisobergrenzenmechanismus sowie dessen mögliche Auswirkungen auf die Union und ihre Mitgliedstaaten berücksichtigt“ werden sollen. Zudem ist vorgesehen, dass die Preisobergrenze mindestens 5 % unter dem durchschnittlichen Marktpreis für russisches Öl und russische Erdölerzeugnisse liegen muss, der auf der Grundlage der von der Internationalen Energieagentur bereitgestellten Daten berechnet wird, um ihre Ziele zu erreichen.

Auf das in Art. 3m niedergelegte Verbot, russisches Rohöl auf dem Seeweg in die EU zu transportieren oder entsprechend transportiertes russisches Rohöl zu kaufen oder in die EU einzuführen, hat die beschlossene Preisobergrenze für russisches Rohöl hingegen keinerlei Auswirkungen. Es bleibt insoweit bei dem grundsätzlichen Verbot gemäß Art. 3m VO 833/2014.

Um den Wirtschaftsbeteiligten die Anwendung der Bestimmungen zum Ölpreisdeckel zu erleichtern, hat die Europäische Kommission am 3. Dezember 2022 neue FAQ veröffentlicht (FAQ on Oil Price Cap). Darin wird etwa dargelegt, auf welcher Grundlage der Kaufpreis zu berechnen ist (keine Einbeziehung von Versand-, Fracht-, Zoll- und Versicherungskosten; diese sind gesondert auszuweisen; vgl. FAQ 4), wie damit umzugehen ist, wenn russisches Rohöl mit nicht-russischem Rohöl vermischt wird (Anwendung der Preisobergrenze in Bezug den Anteil russischen Rohöls; vgl. FAQ 8) und welche Dienste von den Verboten betreffend russisches Rohöl oberhalb der Preisobergrenze erfasst sind und welche nicht (z.B. Verbot der Beflaggung und Registrierung sowie der Vercharterung aber kein Verbot der Klassifizierung oder Bebunkerung von Schiffen, die russisches Rohöl oberhalb der Preisgrenze transportieren; vgl. FAQ 19-26).

Zusammenfassung der aktuellen Rechtslage

Die Verbote in Bezug auf Rohöl russischen Ursprungs oder russischer Herkunft, das auf dem Seeweg transportiert wird, sind seit dem 5. Dezember 2022 wie folgt ausgestaltet:

  • Verbot des Transports und der Einfuhr in die EU sowie des Kaufs durch EU-Personen (längere Übergangsfrist für Bulgarien);
  • Verbot der Bereitstellung von hierauf bezogenen Diensten oder Finanzmitteln;
  • Verbot des Transports russischen Rohöl auf dem Seeweg in Drittländer und der Bereitstellung darauf bezogener Dienste oder Finanzmittel, wenn der Kaufpreis über der Preisobergrenze liegt;
  • kein Verbot des Transports russischen Rohöl auf dem Seeweg in Drittländer und der Bereitstellung darauf bezogener Dienste oder Finanzmittel, wenn der Kaufpreis unterhalb der Preisobergrenze liegt.

In Bezug auf russische Erdölerzeugnisse gelten hingegen die Übergangsregeln für Altverträge bzw. für kurzfristige einmalige Geschäfte noch bis zum 5. Februar 2023; diesbezüglich wurde noch keine Preisobergrenze beschlossen. Wenn bis zum 5. Februar 2023 eine Preisobergrenze für Erdölerzeugnisse beschlossen wird, würde das zuvor Gesagte für Erdölerzeugnisse entsprechend gelten. Sollten sich die G7-Staaten bzw. die EU-Mitgliedstaaten hingegen nicht auf eine Preisobergrenze für Erdölerzeugnisse verständigen können, wäre der Transport in Drittstaaten grundsätzlich erlaubt, die Erbringung darauf bezogener Dienste oder Finanzhilfen hingegen grundsätzlich untersagt.

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!