September 2023 Blog

Kostenpflicht des Beklagten und Klage gegen erloschenes Patent setzen Anlass zur Klageerhebung voraus

Um Kostennachteile oder gar Prozessverlust zu vermeiden, muss ein Anlass zur Klageerhebung vorliegen. Dies gilt insbesondere bei Klagen gegen ein erloschenes Patent.

Sachverhalt

In einem von zwei entschiedenen Fällen hat die beklagte Patentinhaberin während laufender Lizenzverhandlungen nicht von ihrer Forderung abgelassen, dabei die Gründe für ihren Standpunkt geändert und deutlich gemacht, vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht zurückzuscheuen. Die Klägerin hat daraufhin eine Nichtigkeitsklage erhoben. Während des laufenden Rechtsstreits hat die Beklagte sodann das Streitpatent nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und dazu erklärt, auf den darüber hinaus gehenden Schutz mit Wirkung für die Vergangenheit zu verzichten. Das Streitpatent war zu diesem Zeitpunkt bereits erloschen, ebenso wie dasjenige in einem zweiten Fall. Die dortige Klägerin ging dagegen vor, weil ein mit ihr verbundenes Unternehmen wegen Verletzung verklagt wurde. Dabei war die Klägerin am Vertrieb der Erzeugnisse intensiv beteiligt.

Entscheidung

Im ersten der entschiedenen Fälle war der BGH der Meinung, das Verhalten der Beklagten genüge (in Bezug auf den nicht verteidigten Teil) als sofortiges Anerkenntnis ohne Anlass zur Klageerhebung, mit der Kostenfolge des § 93 ZPO. Hierfür reiche es allerdings nicht schon aus, das Patent nur in beschränkter Fassung zu verteidigen. Für ein sofortiges Anerkenntnis muss der Beklagte auf den Schutz rückwirkend verzichten. Da hier das Streitpatent bereits erloschen war, genügte der Verzicht für die Vergangenheit und der ausdrückliche Hinweis auf diese Tatsache, während andernfalls ein Verzicht für die Vergangenheit und Zukunft nötig wäre. Einen Anlass zur Klageerhebung konnte der BGH nicht erkennen. Grundsätzlich stelle es einen Klageanlass dar, dem potenziellen Nichtigkeitskläger trotz Aufforderung nicht schon vor Klageerhebung eine Rechtsstellung zu verschaffen, die mit derjenigen nach der Nichtigerklärung des Patents vergleichbar ist. Damit ist der zuvor geschilderte Verzicht gemeint. In der Regel sei nach Auffassung des BGH eine Aufforderung nötig. Dies gelte jedoch nicht, wenn aufgrund besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass der Patentinhaber auf das Ansinnen nicht eingehen wird. Im entschiedenen Fall meinte der BGH, die Beklagte habe erkennbar die Rechtslage noch nicht abschließend geprüft, weshalb es nicht ausgeschlossen sei, dass sie auf eine konkrete Aufforderung hin die Verteidigung des Streitpatents zumindest einschränken würde. Im zweiten entschiedenen Fall ließ der BGH das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten Patents nicht als Rechtsschutzinteresse für eine Klageerhebung genügen. Bei einem abgelaufenen Patent benötigt der Kläger ein eigenes Rechtsschutzinteresse. Befürchtet der Kläger Ansprüche wegen Patentverletzung, müssen diese nicht bereits geltend gemacht oder auch nur angekündigt sein. Es genügt die nicht ernsthaft auszuschließende Besorgnis, der Kläger könne auch nach Ablauf der Schutzdauer noch Ansprüchen wegen zurückliegender Handlungen ausgesetzt sein. Ein Interesse am Schutz eines Dritten kann dabei genügen, wenn dem Kläger Regress droht und er insofern auch ein Eigeninteresse hat. Im entschiedenen Fall war die Klägerin am Vertrieb der Erzeugnisse derart beteiligt, dass sie mit einer Inanspruchnahme rechnen musste. Dies stellte für die Klägerin das erforderliche Rechtsschutzinteresse dar.

Praxishinweis

Vor Erhebung einer Nichtigkeitsklage ist es nach dem Vorstehenden angeraten, die beklagte Partei stets zuerst zu einem Verzicht auf das Patent (mit Wirkung für Vergangenheit und Zukunft) aufzufordern, um ein sofortiges Anerkenntnis durch die beklagte Partei sicher auszuschließen. Auf eine ausnahmsweise Entbehrlichkeit sollte man sich nicht verlassen, da dies ein vermeidbares Risiko darstellt und der Aufwand für eine solche Aufforderung gering ist. Umgekehrt ist es für die beklagte Partei wichtig, soweit sie am Patent nicht festhalten möchte, tatsächlich den Verzicht in der beschriebenen Form zu erklären. Die bloße Verteidigung in beschränktem Umfang reicht nicht aus, um einer Klageerhebung oder der Kostenpflicht zu entgehen. Unabhängig von alldem ist bei einer Klage gegen ein erloschenes Patent darauf zu achten, dass man ein ausreichendes Interesse an der Nichtigerklärung nachweisen kann. Hierfür kommt in Betracht, dass der Klagepartei eine eigene Inanspruchnahme oder ein Regress eines Dritten droht. Im Übrigen genügt ein Interesse eines Dritten regelmäßig nicht.

(BGH, Urteil vom 27.06.2023 – X ZR 59/21, Urteil vom 20.6.2023 – X ZR 31/21)

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