Kündigung und Vergütung bei Internet-System-Verträgen
Kündigung und Vergütung bei Internet-System-Verträgen
Ein sog. "Internet-System-Vertrag", mit dem sich ein Unternehmer für eine bestimmte Mindestvertragslaufzeit zur Gestaltung und Betreuung einer Internetpräsenz sowie der Domainregistrierung verpflichtet, stellt einen Werkvertrag dar, den der Besteller grundsätzlich jederzeit gem. § 649 S. 1 BGB kündigen kann. Gem. § 649 S. 2 BGB hat der Besteller aber die vereinbarte Vergütung, gekürzt um ersparte Aufwendungen, zu zahlen. Deren Bemessung orientiert sich an den tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht an der vereinbarten Ratenhöhe (BGH, Urteil vom 27.01.2011, Az. VII ZR 133/10).
Die Parteien hatten einen Internet-System-Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von 36 Monaten geschlossen. Geschuldet waren neben der Suche einer freien Domain deren Registrierung sowie das Design, die Erstellung und das Hosting einer Internetpräsenz. Als Entgelt wurden eine geringe einmalige „Anschlussgebühr“ sowie monatliche Raten ungefähr in Höhe der Anschlussgebühr vereinbart.
Während der Laufzeit kündigte der Besteller unter Berufung auf § 649 S. 1 BGB. Der Unternehmer berief sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung, da eine Mindestvertragslaufzeit vereinbart gewesen sei und verlangte im Übrigen die Zahlung der ausstehenden Vergütung.
Der BGH stellte zunächst fest, dass es sich bei einem Internet-System-Vertrag um einen Werkvertrag handelt.
Folgerichtig gestand der BGH dem Besteller dann ein jederzeitiges Kündigungsrecht nach § 649 S. 1 BGB zu, wie es für jeden Werkvertrag gesetzlich vorgesehen ist. Dieses werde auch nicht durch die vereinbarte Mindestlaufzeit ausgeschlossen, denn das Kündigungsrecht nach § 649 S. 1 BGB bestehe neben dem „normalen“ ordentlichen Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen.
Jedoch hat der Unternehmer im Falle der Kündigung nach § 649 S. 2 BGB Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Dabei kann man die Höhe der nach § 649 S. 2 BGB zu bemessenden Vergütung nicht bloß anhand des Kündigungszeitpunkts und der bis dahin angefallenen Raten bestimmen. Wenn bei einer vertraglichen Konstruktion wie der vorliegenden der Unternehmer zu Beginn der Vertragslaufzeit bereits einen Großteil der vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht hat und die Vergütung dafür über die zu zahlenden Raten auf die Laufzeit des Vertrages verteilt wird, dann muss bei einer Kündigung nach § 649 S.1 BGB der Wert der bis zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich erbrachten Leistungen ermittelt werden. Aus diesem Grund ist in Konstellationen wie der der Entscheidung zu Grunde liegenden, in denen erhebliche Anfangsinvestitionen erbracht werden, davon auszugehen, dass der Besteller mit Ausspruch der Kündigung nach § 649 S. 1 BGB einen erheblichen Teil der noch ausstehenden Raten sofort bezahlen muss.
(BGH, Urteil vom 27.01.2011, Az. VII ZR 133/10)
Marcus Andresen, Rechtsanwalt, Frankfurt