Dezember 2012 Blog

Material Adverse Change und Material Adverse Effect-Klauseln

Im Rahmen von M&A-Transaktionen verstreichen zwischen Vertragsschluss („Signing“) und tatsächlicher Vertragsdurchführung („Closing“) in der Regel erhebliche Zeiträume. Um der Möglichkeit eines Eintritts schwerwiegender Ereignisse oder Veränderungen in diesem Zeitraum Rechnung zu tragen, werden zu Gunsten des Käufers häufig sogenannte „Material Adverse Change (MAC)“ oder „Material Adverse Effect (MAE)“-Klauseln vereinbart. Diese knüpfen an den Eintritt eines solchen Ereignisses bzw. einer solchen Veränderung bestimmte Rechtsfolgen.

Inhaltlich gibt es verschiedene Anknüpfungspunkte für die befürchteten Veränderungen bzw. Ereignisse. Sie können sich auf das veräußerte Unternehmen (Business/Company-MAC), aber auch auf die allgemeine Marktsituation beziehen (Market-MAC). Schließlich kann auch ein Bezug zu einer vom Käufer beabsichtigten Fremdfinanzierung des Unternehmenserwerbs hergestellt werden (Financial-MAC).

Die Vereinbarung einer MAC-Klausel liegt allein im Interesse des Käufers, zu dessen Gunsten Rechtsfolgen an den Eintritt der vereinbarten Veränderungen oder Ereignisse geknüpft werden. Ob es ihm gelingt, eine derartige Regelung in den Vertrag hinein zu verhandeln, hängt von der Verteilung der Verhandlungsmacht ab. Sind die Parteien sich grundsätzlich einig, dass eine MAC-Klausel in den Vertrag aufgenommen werden soll, so hängt im weiteren Verlauf viel von der konkreten Ausgestaltung der Klausel ab.

Während MAC-Klauseln als Tatbestandsvoraussetzung eine Veränderung („Change“) der Umstände nach Vertragsabschluss vorsehen, reicht es für das Eingreifen einer MAE-Klausel bereits aus, wenn sich bei Vertragsschluss bereits existente Umstände nachträglich negativ auswirken („Effect“). Weiterer Gestaltungsspielraum besteht im Hinblick darauf, ob die Auswirkungen schon eingetreten sein müssen oder ob es ausreicht, wenn sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Auch die Frage, ob die aktuelle Situation des Unternehmens oder aber dessen zukünftige Aussichten beeinträchtigt sein müssen, kann unterschiedlich geregelt werden. Bezüglich der Rechtsfolge ist dagegen üblicherweise ein Recht des Käufers vorgesehen, sich vom Kauf des Unternehmens zu lösen. Denkbar sind aber auch Regelungen, die lediglich zu einer Reduzierung des Kaufpreises führen.

Entscheidendes Element der Klausel ist stets die Regelung, welche Umstände bzw. Ereignisse als „material“ im Sinne der Klausel verstanden werden sollen. Die Definition kann durch konkrete Benennung einzelner Fälle erfolgen oder durch Formulierung einer allgemein gehaltenen Bestimmung. Wird eine weite Formulierung gewählt, so können zu Gunsten des Verkäufers wiederum konkrete Fälle benannt werden, die nicht unter die Klausel fallen sollen (sog. Carve Out-Klausel).

Muss der Verkäufer sich schon auf eine MAC-Klausel einlassen, so liegt es in seinem Interesse, die Klausel möglichst eng, vor allem aber möglichst eindeutig zu formulieren. Demgegenüber dient es dem Käufer, eine möglichst weite Formulierung zu wählen, um sich möglichst umfangreich gegen nachteilige Veränderungen nach Abschluss des Vertrags abzusichern. Auch Unklarheiten der Klausel wirken sich zu Gunsten des Käufers aus. Bereits die Drohung, die Rechte aus der Klausel auszuüben kann nämlich zur Durchsetzung eines Preisnachlasses gegen den Verkäufer ausreichen. Dieser scheut regelmäßig das Risiko, die Vollziehung der Transaktion einklagen zu müssen.

Kommt es vor Durchführung des Vertrags zum Eingreifen der MAC-Klausel bzw. macht der Käufer dies geltend, so führt dies nur im Ausnahmefall zum tatsächlichen Scheitern der Transaktion. Zum einen sind beide Seiten zumeist weiterhin an deren Durchführung interessiert, so dass eine Einigung über eine Anpassung des Kaufpreises möglich ist. Zum anderen birgt eine streitige Auseinandersetzung für beide Seiten hohe Risiken. Der Verkäufer ist gezwungen, die Durchführung der Transaktion einzuklagen. Hierdurch entstehen Kosten, aber auch ein Wertverlust des veräußerten Unternehmens droht. Dem Käufer drohen dagegen hohe Schadensersatzpflichten, wenn ein Gericht zu der Entscheidung gelangt, dass die Umsetzung der Transaktion zu Unrecht verweigert wurde. Für beide Seiten gleichermaßen problematisch ist schließlich der durch die streitige Auseinandersetzung entstehende Schwebezustand, auch wenn zumindest dieser Nachteil durch Vereinbarung eines Verfahrens zur zügigen Entscheidung der Auseinandersetzung abgemildert werden kann.

Florian Puschmann, Rechtsanwalt

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