August 2023 Blog

Neue Regeln für die Bereit­stellung von Daten – der EU Data Act

Der europäische Gesetzgeber hat sich auf die finale Version des EU Data Act geeinigt. Für Verträge über die Bereitstellung von Daten gelten damit künftig neue Regeln.

Der EU Data Act – ein großer Wurf im Datenwirtschaftsrecht

Bereits seit einiger Zeit ist der EU-Gesetzgeber sehr aktiv auf dem Gebiet des Datenwirtschaftsrechts. Mit dem EU Data Act steht nun ein weiterer wichtiger Baustein der EU-Datenstrategie vor der Tür. Die Verordnung schafft erstmals einheitliche Regelungen für den Datenaustausch zwischen Unternehmen, Behörden und anderen Akteuren der Datenökonomie. Der Data Act verfolgt das Ziel, die Konzentration von Daten bei einigen großen Unternehmen aufzubrechen und die Daten auch anderen Akteuren zugänglich zu machen. Auf diese Weise soll u.a. die Entwicklung neuer, datengetriebener Geschäftsmodelle gefördert werden. Profiteure könnten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sein. Sie erhalten mit dem Data Act die Möglichkeit, deutlich einfacher auf Industriedaten zuzugreifen und diese selbst zu nutzen.

Neue Regeln für Verträge über die Bereitstellung von Daten

Eine wichtige Neuerung im Data Act sind die Regeln für Verträge über die Bereitstellung von Daten. Sie gelten überall dort, wo ein Anspruch auf Bereitstellung bestimmter Daten besteht. Dies ist bereits jetzt der Fall im Mobilitätssektor oder bei Daten, die von öffentlichen Stellen erhoben wurden („Open Data“). Nicht zuletzt der Data Act selbst enthält neue Rechte auf Datenbereitstellung: Nutzer vernetzter Produkte und Dienste („Internet of Things“) können danach vom Hersteller die Bereitstellung der Nutzungsdaten verlangen, um die Daten für eigene Zwecke zu nutzen – etwa für Produktentwicklung oder das Trainieren von KI-Algorithmen. Überall dort, wo Daten bereitgestellt werden müssen, sind künftig Datenbereitstellungsverträge abzuschließen und die Vorgaben des Data Act zu beachten.

Grundsätze für die Vertragsgestaltung

Der Data Act formuliert drei allgemeine Grundsätze für Verträge über die Bereitstellung von Daten. Diese Vorgaben müssen bei der Vertragsgestaltung zwingend umgesetzt werden. Abweichende Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern sind in der Regel unwirksam.

  • Diskriminierungsverbot: Die Daten müssen zu „fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden“ Bedingungen bereitgestellt werden. Unzulässig ist etwa, die Daten einem Partnerunternehmen zu besseren Konditionen bereitzustellen als einem vergleichbaren Konkurrenzunternehmen. Praktischer Vorteil für Datenempfänger: Der Inhaber der Daten muss beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt.
  • Gegenleistung: Die Gegenleistung für die Bereitstellung der Daten muss angemessen sein. Dies können die Gerichte im Einzelfall nachprüfen. Der Dateninhaber muss offenlegen, wie er das Entgelt berechnet hat. Sonderregeln gelten für kleine und mittelständische Unternehmen: Für sie ist die Gegenleistung von vornherein begrenzt auf die Selbstkosten des Dateninhabers, die bei der Bereitstellung der Daten entstehen.
     
  • Verbot missbräuchlicher Klauseln: Bestimmte Klauseln sind in Datenbereitstellungsverträgen unzulässig. Der Dateninhaber darf zum Beispiel nicht vorschreiben, wie die Daten genutzt werden dürfen. Der Dateninhaber darf einen bestehenden Datennutzungsvertrag nur eingeschränkt kündigen, solange der Datennutzer nicht zu einem vergleichbaren Anbieter wechseln kann. Solche Klauseln sind meist unwirksam.

Chancen und Risiken

Die neuen Regelungen des Data Act gelten voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2024. Die Vorgaben für Datenbereitstellungsverträge werden dann zügig von den Gerichten konkretisiert werden. Klar ist aber schon jetzt: Das wirtschaftliche Potenzial des Data Act ist enorm. Nach Schätzungen der EU-Kommission werden rund 80 % der in der EU entstehenden Industriedaten kaum oder gar nicht wirtschaftlich verwertet. Der wirtschaftliche Mehrwert wird auf 270 Milliarden Euro allein in den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten des Data Acts geschätzt. Dies bietet vielen Akteuren echte Chancen. In vielen Wirtschaftszweigen dürften die Datensilos der marktbeherrschenden Unternehmen nun erstmals wirklich aufgebrochen werden. Hier eröffnen sich bisher ungeahnte Potenziale für die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle. Umgekehrt stellt der Data Act viele Unternehmen aber auch vor neue Herausforderungen – etwa wenn es darum geht, als Dateninhaber die eigenen Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Hier sind die bisherigen Regelungen des Data Act noch unbefriedigend ausgestaltet. Außerdem ist zu beachten: Dateninhaber müssen bei der Gestaltung von Datenbereitstellungsverträgen künftig neue Compliance-Anforderungen beachten – anderenfalls können nach dem Data Act sehr empfindliche Geldbußen anfallen.

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