Präzisierung der Voraussetzung einer zulässigen Verweisung auf eine Bezugsurkunde gemäß § 13a BeurkG
Das OLG Braunschweig hat mit Beschluss vom 15.07.2019 die Voraussetzungen einer Verweisung auf eine Bezugsurkunde gemäß § 13a BeurkG präzisiert. § 13a BeurkG ermöglicht es, bei einer notariellen Beurkundung auf eine andere notarielle Erklärung (sog. Bezugsurkunde) zu verweisen. Dann kann auf die erneute Verlesung der in der Bezugsurkunde enthaltenen Erklärungen im Rahmen der Beurkundung der Haupturkunde verzichtet werden.
Hintergrund
Es handelt sich bei dem Beschluss des OLG Braunschweig um eine Entscheidung in einem Beschwerdeverfahren gegen eine Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Einbeck. Das Grundbuchamt hatte in einer immobilienrechtlichen Angelegenheit – kurz zusammengefasst – eine notarielle Urkunde nicht akzeptiert, in welcher gemäß § 13a BeurkG auf eine ältere notarielle Urkunde (also im vorliegenden Fall die sog. Bezugsurkunde) verwiesen wurde. Seine zurückweisende Entscheidung begründete das Grundbuchamt insbesondere mit Zweifeln an der materiell-rechtlichen Wirksamkeit von in der Bezugsurkunde enthaltenen Erklärungen.
Entscheidung
Das OLG Braunschweig hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Grundbuchamt zurück. Es stellte klar, dass eine Bezugsurkunde zwar formell ordnungsgemäß gemäß §§ 6 ff. BeurkG errichtet werden muss. Inhaltliche Fragen bleiben nach dem OLG Braunschweig dagegen bei der Frage der Zulässigkeit der Verweisung außer Betracht, so dass gemäß § 13a BeurkG auch auf notarielle Niederschriften verwiesen werden kann, in denen materiellrechtlich unwirksame Erklärungen protokolliert worden sind.
Praxishinweis
Neben dem Immobilienrecht ist die Entscheidung des OLG Braunschweig auch für das Gesellschaftsrecht von Interesse. Sowohl bei Immobilientransaktionen als auch bei größeren unternehmensrechtlichen Umstrukturierungen bzw. Unternehmensverkäufen wird in der notariellen Haupturkunde nämlich regelmäßig auf Bezugsurkunden verwiesen. In diesen sind dann meist die Anlagen zu der Haupturkunde enthalten. Die Bezugsurkunden werden in der Praxis in der Regel vom Notar zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen errichtet, damit die Beurkundung der Haupturkunde (bei welcher dann die Parteien bzw. deren Vertreter/ Rechtsanwälte anwesend sind) nicht unnötig in die Länge gezogen wird.
Zur Vermeidung von möglichen Missverständnissen sei hierbei darauf hingewiesen, dass als Konsequenz der Entscheidung des OLG Braunschweig zwar z.B. in einem Immobilien- bzw. Unternehmenskaufvertrag auf eine Anlage verwiesen werden kann, die als solche möglicherweise materiell-rechtlich unwirksam ist (wie z.B. auf irgendeinen Vertrag, welchen die Zielgesellschaft in der Vergangenheit mit einem Dritten abgeschlossen hat, und an dessen Wirksamkeit Zweifel bestehen). Dies ändert aber natürlich nichts daran, dass die in der notariellen Haupturkunde (also z.B. dem Immobilien- bzw. Unternehmenskaufvertrag) enthaltenen Willenserklärungen der Vertragsparteien als solche gemäß § 4 BeurkG wirksam sein müssen. Auf möglicherweise unwirksame Anlagen können die Vertragsparteien in einer notariellen Urkunde somit gemäß § 13a BeurkG verweisen; unwirksame Verträge abschließen sollten sie (selbstverständlich) auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Braunschweig nicht.
(OLG Braunschweig (1. Zivilsenat), Beschluss vom 15.07.2019 – 1 W 12/19)
Dr. Daniel Komo LL.M. (Bristol), Rechtsanwalt und Notar
Frankfurt am Main