Steuerneutrale Kapitalrückzahlungen endlich auch bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem Schreiben vom 21. April 2022 Stellung zur steuerlichen Behandlung von Kapitalrückzahlungen durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften genommen. Die Finanzverwaltung hat sich damit endlich offiziell zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bekannt. Rückzahlungen von Kapitaleinlagen in Kapitalgesellschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, werden demnach künftig von der Finanzverwaltung nicht mehr als grundsätzlich steuerpflichtig behandelt.
Hintergrund
Rückzahlungen aus dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft sowie sog. nicht in das Nennkapital der Gesellschaft geleistete sollen bei ihrer Rückzahlung – anders als steuerpflichtige Gewinnausschüttungen – nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen führen (steuerfreie Einlagenrückgewähr). Die Abgrenzung erfolgt dabei über das steuerliche Einlagekonto: Soweit die Zahlung aus diesem stammt, erfolgt sie steuerfrei.
Ausländische Kapitalgesellschaften führen regelmäßig kein den deutschen steuerlichen Vorschriften entsprechendes Einlagekonto, auch wenn bei ihnen vergleichbare Geschäftsvorfälle vorliegen können.
Für EU-Kapitalgesellschaften wurde 2016 die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr entsprechend den Vorschriften des KStG zu stellen. Kapitalgesellschaften außerhalb der EU war es nach Auffassung der Finanzverwaltung indes weiterhin nicht möglich, Einlagen steuerneutral an deutsche Anteilseigner zurückzuzahlen.
Der BFH urteilte hingegen wiederholt (siehe z.B. BFH-Urteil vom 13.06.2016, Az. VIII R 47/13) dass auch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften steuerneutral Einlagen an ihre deutschen Anteilseigner zurückgewähren können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Das BMF-Schreiben
Das Schreiben des BMF regelt nunmehr, dass eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften in allen noch offenen Fällen möglich ist. Ein Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG muss nicht gestellt werden. Für Fälle der Nennkapitalrückzahlung ist § 7 Absatz 2 des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln (KapErhStG) anzuwenden.
Ob eine Einlagenrückgewähr vorliegt, ist im Rahmen des Festsetzungsverfahrens der Anteilseigner zu klären, bei Personengesellschaften auf Ebene der Personengesellschaft. Hierbei schließen sich Folgefragen an, die das BMF-Schreiben aber unbeantwortet lässt.
Die Ermittlung der Höhe der Einlagenrückgewähr erfolgt nach der Verwendungsfiktion aus § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 KStG, wonach nur bei Leistungen, die den ausschüttbaren Gewinn der Gesellschaft übersteigen, von einer Einlagenrückgewähr auszugehen ist. Ausgangspunkt für die Berechnung ist dabei die ausländische Handelsbilanz. Die tatsächliche Rechtslage nach ausländischem Gesellschaftsrecht ist aus deutscher steuerlicher allerdings Sicht irrelevant.
Bewertung und Folgen für die Praxis
Die Entscheidung der Finanzverwaltung, dass künftig eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr auch durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften möglich ist, ist erfreulich.
Zahlreiche praxisrelevante Fragen lässt das BMF-Schreiben hingegen weiter offen. Die lang ersehnte Rechtssicherheit lässt damit weiter auf sich warten.