Urlaubsabgeltungsansprüche und Ausschlussfristen
In der Entscheidung des BAG vom 9.08.2011 hat die 9. Kammer des BAG festgehalten, dass eine im Arbeitsvertrag oder in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelte Ausschlussfrist auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 IV BUrlG erfasst.
Die betroffene Arbeitnehmerin war als Krankenschwester in Teilzeit beschäftigt und seit dem 19.10.2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende März 2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 25.02.2009 verlangte die Arbeitnehmerin den ihr aus den Jahren 2007 und 2008 noch zustehenden Urlaub von 43,75 Tagen in Höhe von rund 1.613,oo € abzugelten. Nach dem für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag verfielen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit vom Arbeitnehmer schriftlich geltend gemacht wurden.
Während das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen war, dass ein Anspruch auf Abgeltung zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub in Höhe von rund 950 € bestand, hatte das LAG die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision der Arbeitnehmerin hatte keinen Erfolg.
Das BAG entschied, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch wegen Versäumung der Ausschlussfrist verfallen war. Der Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entsteht auch bei einer über das Arbeitsverhältnis hinaus andauernden Arbeitsunfähigkeit gemäß § 7 Abs, 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird sofort fällig. Nach Meinung des BAG ist der Anspruch kein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern eine reine Geldforderung und unterliegt damit wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis auch einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen.
Die Entscheidung bedeutet, dass entgegen der bisherigen Befürchtungen nicht damit gerechnet werden muss, dass Altfälle wieder aufleben. Denn mit der Schultz-Hoff-Entscheidung, der sich das BAG mit Urteil vom 24. März 2009 AZ 9 AZR 983/2007 angeschlossen hat, erlischt der Anspruch auf Abgeltung gesetzlichen Voll- oder Teilurlaubs nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Mitarbeiter, die zum Teil vor Jahren bereits ausgeschieden sind, können diese Rechtsprechung des BAG nicht zum Anlass nehmen, Klagen gegen ihre vorherigen Arbeitgeber zu erheben, um den damals nicht ausbezahlten Urlaub nunmehr in bare Münze zu verwandeln. Denn die Anwendbarkeit der tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen oder der gesetzlichen Verjährung führen dazu, dass solche abgeschlossenen Fälle, in denen die Arbeitnehmer das Unternehmen längst verlassen haben, nicht neu aufgerollt werden müssen.
Arbeitgeber sollten daher bei geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüchen immer prüfen, ob die Ausschlussfristen des Arbeitsvertrags oder des Tarifvertrags Anwendung finden. Maßgeblich für die Berechnung der Ausschlussfrist ist nach der Entscheidung des BAG das Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses.
Viviane von Aretin, Rechtsanwältin