Dezember 2012 Blog

Urteil des EuGH zu Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet

Das Verbot der Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel findet keine Anwendung auf die Wiedergabe der Verpackung und auf so genannte Beipackzettel, die der Hersteller im Internet vorhält und die nur demjenigen zugänglich sind, der sich selbst um sie bemüht.

Mit der kürzlich ergangenen Entscheidung hat der EuGH nach Vorlage des BGH zu der Frage der Reichweite des Verbots der Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel außerhalb der Fachkreise Stellung genommen. Dabei hat der EuGH bestätigt, dass nach der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (und damit auch nach dem deutschen Heilmittelwerberecht) jede Form der Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel verboten ist. Dies schließe auch die Werbung durch Verbreitung sachlicher Informationen ein. Es sei jedoch im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Verbreitung von Informationen ein Werbeziel beinhalte.

Ein Werbeziel sei dann nicht anzunehmen, wenn der Hersteller lediglich solche Informationen in das Internet stellt, die in einer getreuen Wiedergabe der Verpackung und in einer originalgetreuen Wiedergabe der Packungsbeilage oder der von der zuständigen Arzneimittelbehörde genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels bestehen und keine zusätzlichen Elemente vorhanden sind, die für eine Einordnung als Werbung sprechen. Als solche zusätzlichen Elemente kämen etwa der Adressatenkreis und die technischen Eigenschaften des Mediums in Betracht, das zur Informationsverbreitung genutzt wird. Dabei war vorliegend von Bedeutung, dass die Informationen auf der Webseite des Herstellers lediglich als so genannte Pull-Dienste verfügbar waren. Der Internet-Nutzer musste damit einen aktiven Schritt unternehmen, um an die Informationen zu gelangen, während derjenige, der an ihnen kein Interesse hatte, nicht ungewollt mit diesen Informationen konfrontiert wurde.

Unter diesen Voraussetzungen erkennt der EuGH insbesondere an, dass sich die Veröffentlichung von Informationen eines Herstellers über seine Arzneimittel in die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens einfügt, um interessierten Patienten sachlich richtige Informationen zu geben und gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit einer Selbstmedikation ohne Konsultation der Packungsbeilage (etwa nach deren Verlust) so weit wie möglich auszuschließen. Mit dieser wichtigen Entscheidung hat der EuGH also klargestellt, dass der öffentlichen Gesundheit, deren Schutz das Heilmittelwerberecht bezweckt, nicht nur Werbeverbote dienen können, sondern auch die sachliche Information über ein Arzneimittel.

Für andere Werbeverbote dürfte die Entscheidung allerdings nur in begrenztem Maße von Bedeutung sein, da gerade die Vorhaltung von Informationen die von dem Arzneimittel potentiell ausgehenden Gefahren (insbesondere bei nicht ordnungsgemäßer Anwendung) minimieren kann und da, wie der EuGH betont, die Angaben der Zulassungsbehörde im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgelegen haben. Es handelte sich daher um rein objektive Informationen, die a priori keine Gefahr für den Verbraucher darstellten.

(EuGH, Urteil vom 05. Mai 2011, C-316/09)

Christian Kusulis, Rechtsanwalt

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