Januar 2024 Blog

Urteil im „Süßwaren-Kartell“ – Ende eines zehnjährigen Rechtsstreits

Mit dem Urteil des OLG Düsseldorf (Az.: V-6 Kart 9/19 OWi) vom 19.12.2023 wurde ein zehnjähriger Rechtsstreit wegen eines kartellrechtswidrigen Informationsaustauschs mit nur vier Hauptverhandlungstagen beendet. Die am Kartell beteiligten Unternehmen wurden zu erheblich reduzierten Geldbußen verurteilt.

Das Kartell „Konditionenvereinigung“ alias das „Süßwaren-Kartell“

Die am Kartell beteiligen Unternehmen, u.a. Bahlsen, Griesson de Beukelaer und CFP Brands Süßwarenhandel, waren Mitglieder des Arbeitskreises Konditionenvereinigung e.V. des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. Im Zeitraum von 2006 bis 2008 haben sich die Unternehmen über den Stand von Verhandlungen sowie Sonderforderungen bzgl. Markenprodukten mit dem Lebensmitteleinzelhandel ausgetauscht. An diesem Austausch waren insgesamt elf Unternehmen beteiligt. Im Jahr 2013 verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder in einer Gesamthöhe von 60 Millionen Euro gegen die beteiligten Unternehmen, davon allein knapp 20 Millionen gegen die Mitglieder des Arbeitskreises Konditionenvereinigung e.V. Grundlage für das Verfahren des Bundeskartellamts war ein Kronzeugenantrag der Mars GmbH im Jahr 2008.

Gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts legten gleich mehrere Unternehmen, so auch die oben genannten Beteiligten des Verfahrens, vor dem OLG Düsseldorf erfolgslos Einspruch ein. Das OLG Düsseldorf bestätigte die Entscheidungen des Bundeskartellamts bzw. erhöhte diese sogar auf ca. 21 Millionen Euro. Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf wandten sich die Kartellanten an den BGH und bekamen Recht. Der BGH verwies den Rechtsstreit an das OLG Düsseldorf zurück, welches nun erneut über die Bußgelder der verbliebenen drei betroffenen Unternehmen zu entscheiden hatte.

Das „Süßwaren-Kartell“ – fortan kartellrechtliche Rechtsgeschichte

Das OLG Düsseldorf hat festgestellt, dass zwischen den Unternehmen ein kartellrechtswidriger Informationsaustausch in gemeinsamen Sitzungen des Arbeitskreises Konditionenvereinigung e.V. erfolgt war. Das OLG beschränkte den Tatvorwurf im Rahmen einer Verständigung allerdings zweifacher Hinsicht:

Zum einen wurde der Tatvorwurf sachlich darauf beschränkt, dass sich die betroffenen Unternehmen lediglich über den Stand von Konditionenverhandlungen bei Jahresgesprächen und Sonderforderungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel zu Markenprodukten ausgetauscht habe.

Zum anderen erfolgte eine zeitliche Beschränkung der Tatvorwürfe für Bahlsen und Griesson de Beukelear auf den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 23.01.2008. Für CFP Brands wurde der Tatvorwurf von Anfang an auf den Zeitraum vom 12.09. bis zum 23.01.2008 festgelegt.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass sich Bahlsen, anders als die anderen beiden betroffenen Unternehmen, zunächst weigerte auf eine Verständigung einzugehen. Erst nachdem der Vorsitzende Richter ankündigte, dass das Verfahren gegen Bahlsen infolgedessen abgetrennt werden solle, kam es auch mit Bahlsen zu einer Verständigung.

Als Folge der Beschränkung der Tatvorwürfe schränkten die drei Unternehmen ihre jeweiligen Einsprüche gegen die Entscheidungen des Bundeskartellamts auf den Rechtsfolgenausspruch ein. Demnach war klar, dass der kartellrechtswidrige Informationsaustausch im weiteren Rechtsstreit vor dem OLG Düsseldorf nicht weiter in Streit stand.

Bei der Bußgeldbemessung berücksichtigte das Gericht eine Vielzahl von Umständen. Neben dem primären Maßstab – dem tatbezogenen Umsatz – sei nach Auffassung des Senats erheblich bußgeldmindernd berücksichtigt worden, dass der Tatvorwurf von geringer kartellrechtswidriger Bedeutung gewesen sei sowie die Tatsache, dass die Marktgegenseite, d.h. der Lebensmitteleinzelhandel, gegenüber den Kartellanten sowie anderen Herstellern über eine starke Marktmacht verfügte. Außerdem wurde mildernd in Ansatz gebracht, dass die betroffenen Unternehmen durch die Beschränkung der Einsprüche auf den Rechtsfolgenausspruch sowie mit den Angaben zu ihren Unternehmensverhältnissen zu einer wesentlichen Verkürzung des Kartellordnungswidrigkeitenverfahrens beitrugen. Ebenso kam den Unternehmen zugute, dass diese als Folge der Untersuchungen des Bundeskartellamts maßgebliche Compliance-Maßnahmen ergriffen haben, um zukünftigen Kartellverstößen vorzubeugen.

Letztlich nahm der zuständige Senat des OLG Düsseldorf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung u.a. infolge einer nachträglichen Vervollständigung von Ermittlungsakten durch das Bundeskartellamt, durch die Corona-Pandemie und andere anhängige Kartellverfahren an. Nach strafrechtlichen Grundsätze wurde die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung durch die sog. Vollstreckungslösung kompensiert. Diese hat zur Folge, dass ein Betrag in Höhe von jeweils 25 % der verhängten Geldbuße als vollstreckt gilt. Somit reduzierten sich die tatsächlichen Zahlbeträge der Kartellanten auf folgenden Beträge:

  • Bahlsen: Geldbuße 4,750.000 € - Zahlbetrag: 3.562.000 €
  • Griesson des Beukelaer: Geldbuße: 3.000.000 € - Zahlbetrag: 2.250.000 €
  • CFP Brands: Geldbuße: 600.000 € - Zahlbetrag: 450.000 €

Das Urteil des OLG Düsseldorf ist bisher noch nicht rechtskräftig. Jedoch ist sehr wahrscheinlich, dass dieses in Rechtskraft erwachsen wird. Denn infolge der Verständigung der Beteiligten und der damit verbundenen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwahrscheinlich, dass ein Beteiligter erneut Rechtsmittel einlegt.

Praxishinweis

Das Urteil zeigt die Sensibilität eines Informationsaustauschs. Dieser ist – nach wie vor – im Grundsatz kartellrechtlich bedenklich, muss aber immer einer Prüfung im Einzelfall unterzogen werden. Ebenso erinnert das Urteil des OLG Düsseldorf daran, dass strafverfahrensrechtlichen Grundsätzen in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren mitunter eine entscheidende Rolle zukommen kann.

Quelle: Pressemitteilung OLG Düsseldorf: Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil im Kartellbußgeldverfahren "Konditionenvereinigung" (nrw.de); OLG Düsseldorf, Ur. vom 19. Dezember 2023 - V-6 Kart 9/19 OWi.

 

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