Juni 2023 Blog

Virtuelles Hausverbot – Dauerhafte Speicherung der Daten erlaubt

Die dauerhafte Speicherung von personenbezogenen Daten zur Durchsetzung eines virtuellen Hausverbotes ist datenschutzrechtlich zulässig. So sieht es zumindest die sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war Mitglied eines sozialen Netzwerkes – einem Onlineclub. Die Mitgliedschaft war kostenpflichtig. Aufgrund mehrfacher und gravierender Verstöße gegen interne Nutzungsregeln, sperrte der Betreiber des sozialen Netzwerkes den Zugang des Beschwerdeführers und löschte dessen Profil. Der Betreiber des sozialen Netzwerkes sprach ein dauerhaftes virtuelles Hausverbot gegen den Beschwerdeführer aus und setzte dessen E-Mail-Adresse auf eine Blacklist. 

Der Beschwerdeführer wollte nun erreichen, dass seine personenbezogenen Daten gelöscht werden. Dies sollte auch seine E-Mail-Adresse beinhalten. 

Der Betreiber des sozialen Netzwerkes verweigerte die Löschung der E-Mail-Adresse aus der Blacklist, da die Blacklist lediglich sicherstelle, dass mit der gesperrten E-Mail-Adresse auch in Zukunft kein Profil in dem sozialen Netzwerk mehr angelegt werden kann.

Daraufhin wendete sich der Beschwerdeführer an die sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte.

Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO 

Die angerufene Datenschutzbehörde führte auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO eine Interessenabwägung durch. Dabei wog die Datenschutzbehörde die Interessen des Beschwerdeführers, der sich auf seine widerrufene Einwilligung und auf sein Löschbegehren berief gegen das Interesse des Betreibers des sozialen Netzwerkes an der Durchsetzung des virtuellen Hausverbots ab. 

Das Ergebnis: „Nach den vorliegenden Informationen konnte meine Behörde – auch in der Abwägung der verschiedenen Interessen und betroffenen Rechte – keinen Datenschutzverstoß erkennen.“


Virtuelles Hausverbot grundsätzlich zulässig
Die Datenschutzbehörde hat die Rechtmäßigkeit des erteilten virtuellen Hausverbotes in dem konkreten Fall nicht überprüft. Dies musste die Datenschutzbehörde nicht tun, da weder der Beschwerdeführer, noch der Betreiber des sozialen Netzwerkes die genauen Gründe für das ausgesprochene Hausverbot dargelegt oder die Rechtmäßigkeit des virtuellen Hausverbotes bestritten haben.

Die Datenschutzbehörde geht in ihrer Stellungnahme aber zu Recht davon aus, dass ein virtuelles Hausverbot bei groben Verstößen gegen die vertraglichen Nutzungsbedingungen grundsätzlich legitim sei. Dabei beruft sich die Datenschutzbehörde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2012, 1725 – Erteilung eines Hausverbots für NPD-Vorsitzenden durch Hotelier). 

Regelung des Hausverbotes in den Nutzungsbedingungen
Für die grundsätzliche Zulässigkeit des virtuellen Hausverbotes war aus Sicht der Behörde zu berücksichtigen, dass der Betreiber des sozialen Netzwerkes das Recht zur Erteilung eines virtuellen Hausverbotes in den Nutzungsbedingungen geregelt hatte. 

Diese Einschätzung der Datenschutzbehörde ist richtig. Die Tatsache, ob ein virtuelles Hausverbot in den Nutzungsbedingungen geregelt ist oder nicht, kann bei der Frage der vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person eine große Rolle spielen. Nach Erwägungsgrund 47 der DSGVO sind im Rahmen der Interessenabwägung die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. 

Durch die ausdrückliche Regelung eines zeitweiligen oder dauerhaften Hausverbotes in den Nutzungsbedingungen kann der Betreiber einer Internetseite die Erwartungen seiner Nutzer steuern.

Erforderlichkeit der Datenspeicherung zur Durchsetzung des Hausverbotes
Nach Auffassung der Datenschutzbehörde war die Speicherung der E-Mail-Adresse erforderlich um das virtuelle Hausverbot durchzusetzen. 

Das virtuelle Hausverbot lässt sich nur dann umsetzen, wenn der Betreiber des sozialen Netzwerkes bestimmte Informationen des früheren Mitglieds speichern kann, zum Beispiel in einer Blacklist. Anderenfalls wäre die Identität des Mitglieds für den Betreiber des sozialen Netzwerkes nicht mehr erkennbar und ein Nutzungsverbot wäre nicht durchsetzbar. In ihrer Abwägung berücksichtigte die Datenschutzbehörde ebenfalls, dass die Information darüber, welches Mitglied mit welcher E-Mail-Adresse gesperrt sei, nicht veröffentlicht wurde. Damit war aus Sicht der Datenschutzbehörde das Interesse des Mitglieds an Anonymität gewahrt. Zudem berücksichtigte die Datenschutzbehörde, dass der Betreiber des sozialen Netzwerkes in der Datenschutzerklärung die Nutzer darüber informierte, dass und welche Daten zur Durchsetzung eines virtuellen Hausverbotes gespeichert werden.

Da bei groben und mehrfachen Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen ein dauerhaftes (virtuelles) Hauserbot ausgesprochen werden könne ist aus Sicht der Datenschutzbehörde auf eine dauerhafte Speicherung der E-Mail-Adresse in der Blacklist zur Durchsetzung des Hausverbotes verhältnismäßig.

Praxistipps – Handlungsbedarf

Für die Praxis ergeben sich aus der Stellungnahme der Datenschutzbehörde folgende Aspekte:

  • Die Betreiber von Internetplattformen können bei (groben) Verstößen virtuelle Hausverbote erteilen.
  • Virtuelle Hausverbote können im Einzelfall dauerhaft ausgesprochen werden.
  • Der Betreiber einer Internetseite sollte die Möglichkeit eines virtuellen Hausverbotes in den Nutzungsbedingungen regeln und die Nutzer über die entsprechende Datenverarbeitung in der Datenschutzerklärung informieren.
  • Die (dauerhafte) Speicherung personenbezogener Daten zur Durchsetzung des Hauverbotes ist grds. zulässig.
  • Die Speicherung muss auf die personenbezogenen Daten begrenzt sein, die für die Durchsetzung des virtuellen Hausverbotes erforderlich sind.
  • Bei einem zeitlich befristeten Hausverbot müssen die Daten gelöscht werden, wenn die Speicherung nicht mehr erforderlich ist.

Tätigkeitsbericht Datenschutz 2022 der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragte hier abrufbar.

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