Dezember 2012 Blog

Vorsatz bei unterbliebener Aufklärung über Rückvergütungen/Strafbarkeit?

Das OLG Stuttgart hat eine unterlassene Aufklärung über Rückvergütungen insbesondere unter Verweis auf die Regelungen zum Kommissionsgeschäft als vorsätzlich eingestuft und damit eine Verjährung von Schadensersatzansprüchen verneint. Zugleich hat es die Frage einer Strafbarkeit der Bankmitarbeiter aufgeworfen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH seit 2006, dass Banken bei der Anlageberatung ihre Kunden darüber aufklären müssen, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen. Regelmäßig stellt sich dabei für Banken und Anleger die Frage nach der Verjährung von etwaig bestehenden Schadensersatzansprüchen.

Im konkreten Fall hatte die Klägerin im Rahmen einer Anlageberatung bei der beklagten Bank im Jahr 2000 Anteile an einem offenen Immobilienfonds gezeichnet. In der Vorinstanz wurde die Klage wegen Verjährung des Schadensersatzanspruches gem. des damals noch geltenden § 37a WpHG a.F. abgewiesen. Das OLG Stuttgart hob das Urteil auf und begründete dies mit einer vorsätzlichen Aufklärungspflichtverletzung, bei der sich die Verjährung nicht nach dem WpHG, sondern nach der deliktischen Regelverjährung bestimme.

Ein vorsätzliches Verhalten lag nach Auffassung des OLG Stuttgart vor, weil die beklagte Bank es unterlassen habe, die Aufklärungspflicht hinsichtlich erhaltener Rückvergütungen zu prüfen, die sich einerseits aus der Herausgabepflichtpflicht des Kommissionärs (§ 384 Abs. 2 HGB), andererseits auch aus der Interessenkollision der Bank ergebe, was zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls in der einschlägigen Fachliteratur auch diskutiert worden sei.

Der Umstand, dass sich die beklagte Bank auf ein Rundschreiben des Sparkassen- und Giroverbandes vertraut  hatte, in dem eine Aufklärungspflicht für die betreffenden Produkte nicht erwähnt wurde, schließt ein vorsätzliches Verhalten nach Auffassung des Gerichts nicht aus. Auf ein solches „kritikloses Folgen“ von Vorgaben könne sich die Bank nicht verlassen, weil sie fachlichen Rat Dritter eigenständig prüfen müsse.

Das Urteil betrifft sämtliche Altfälle, die noch unter die Regelung des § 37a WpHG fallen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil rechtskräftig wird.

Bedenklich ist die im Rahmen der Begründung erfolgte Überlegung des Gerichts, die unterlassene Aufklärung könne einen strafbaren Betrug oder eine strafbare Untreue darstellen. Damit ist ein weiteres Risiko für die Banken begründet worden.

(OLG Stuttgart, Urteil vom 16.3.2011, 9 U 129/10)

Melanie Sandidge, Rechtsanwältin, Frankfurt 

 

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