Februar 2024 Blog

Wegfall des Schriftformerfordernisses bei Gewerberaummietverträgen

Der Referentenentwurf des Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) des Bundesjustizministeriums vom 11. Januar 2024 enthält zahlreiche Änderungen, die entweder der bereits realisierten Digitalisierung von Sachverhalten Rechnung tragen, oder zukünftige Digitalisierungsvorhaben vorantreiben sollen. Die Schriftform verlangt die eigenhändige Unterschrift auf Papier und verursacht somit erheblichen bürokratischen Aufwand und bremst digitalisierte Prozesse. Die Digitalisierung soll deshalb insbesondere durch die Aufhebung von Schriftformerfordernissen oder durch deren Herabstufung auf die Textform nach § 126b BGB unterstützt werden.

Der Gesetzesentwurf sieht einen vollständigen Wegfall des Schriftformgebotes im Gewerberaummietrecht vor. Das Schriftformerfordernis würde dann nur noch für Wohnraummietverhältnisse gelten. Gewerberaummietverträge unterliegen bislang gemäß §§ 550, 578, 126 BGB einem gesetzlichen Schriftformerfordernis, wenn sie für einen bestimmten Zeitraum von mehr als einem Jahr geschlossen werden. Der Abschluss sowie Änderungen und Ergänzungen von Gewerberaummietverträgen wären in Zukunft formfrei – also auch mündlich – möglich.

Änderungen hinsichtlich des Schriftformerfordernisses im Gewerberaummietrecht

Das Schriftformerfordernis dient insbesondere dem Schutz des Erwerbers einer Immobilie, der in den Mietvertrag eintritt (§ 578 Abs. 2 in Verbindung mit § 566 Abs. 1 BGB „Kauf bricht nicht Miete“) und bietet eine Kündigungsmöglichkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Fristen, bei Gewerberaummietverträgen folglich spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ablauf des nächsten Quartals (§§ 542 Abs. 1, 580a BGB). Der Erwerber soll die Möglichkeit haben, sich von einem Mietvertrag lösen zu können, dessen Inhalt er nicht vollumfänglich kennt, weil der Vertrag nicht schriftlich vereinbart wurde. Nach der Rechtsprechung des BGH war dieses Kündigungsrecht aber nicht einem etwaigen Erwerber vorbehalten, sondern galt auch für die Ursprungsparteien des Mietvertrages. Da auch kleinere, formelle Fehler ausreichen, um einen Schriftformverstoß zu begründen, werden sie in der Praxis teilweise von den Ursprungsparteien des Mietvertrages zum Anlass genommen, um sich von einem unliebsamen, langlaufenden Mietvertrag zu lösen und das Mietverhältnis zu kündigen.

Der Gesetzesentwurf basiert auf der Annahme, dass Gewerberaummietverträge auch künftig schriftlich oder zumindest in Textform geschlossen werden und einem ausreichenden Schutz des Erwerbers einer Immobilie außerdem durch sorgfältige Prüfung der Mietvertragsunterlagen im Ankaufsprozess einer Immobilie (Due Diligence Prüfung) sowie durch Aufnahme von Garantien und Gewährleistungen hinsichtlich der Mietvertragssituation im Kaufvertrag Rechnung getragen wird.

Bewertung und Ausblick

Die Abschaffung des Schriftformgebots ist auf den ersten Blick eine begrüßenswerte, bürokratische Erleichterung. Mietverträge müssten nicht mehr mehrfach ausgedruckt und postalisch versandt werden und auch das „Damoklesschwert“ die Schriftformkündigung wäre passé.

Eine vollständige Aufhebung des Schriftformgebots geht aus unserer Sicht jedoch zu Lasten des Erwerbers einer Immobilie, dessen Interessen deutlich weniger geschützt wären. Denn ohne schriftliche Dokumentation der zwischen dem Verkäufer und dem Mieter getroffenen Vereinbarungen, ist es dem Erwerber nur sehr beschränkt möglich, die vertraglichen Konditionen des Mietvertrages zu prüfen, in den er mit Erwerb des Objektes eintritt. Dieses Risiko lässt sich auch nur beschränkt durch Aufnahme entsprechender Garantien und Gewährleistungen im Kaufvertrag lösen, da diese in der Praxis häufig nur schwer durchsetzen sind.

Neben dieser die – vor allem in mietrechtlichen Auseinandersetzungen durchaus wichtige –Beweisfunktion hat das Schriftformerfordernis darüber hinaus auch eine Warnfunktion, die Parteien davor schützen soll, durch einfache mündliche Abreden oder den Austausch von E-Mails langjährige Verträge einzugehen. Auch diese Schutzfunktion würde mit Abschaffung des Schriftformerfordernisses wegfallen.

Es würde den Parteien eines Gewerberaummietvertrages in Zukunft jedoch freistehen, den Mietvertrag nebst sämtlicher Nebenabreden unter ein vertragliches Schriftformerfordernis zu stellen, dessen Formulierung sorgfältig vorzunehmen ist. Dieses kann dann nach den Wünschen und Bedürfnissen der Parteien ausgestaltet werden (z.B. einfache digitale Unterzeichnung per DocuSign). Insbesondere zu Dokumentations- und Beweiszwecken würden wir im Falle des Wegfalls des gesetzlichen Schriftformerfordernisses die Aufnahme einer vertraglichen – gegenüber der derzeitigen Gesetzeslage deutlich abgemilderten – Schriftformabrede bei Gewerberaummietverträgen empfehlen.

Quellennachweise

(BMJ - Alle Meldungen - Mehr Entlastung durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV)

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