Februar 2024 Blog

Wie man einen gekündigten Ingenieurvertrag nicht abrechnet

Bei einem gekündigten Architekten- und Ingenieurvertrag sind die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen im Einzelnen darzulegen, gegen den nicht erbrachten Teil von Leistungspositionen abzugrenzen und der auf die erbrachte Teilleistung entfallende Vergütungsanteil zuzuordnen. Pauschale prozentuale Zuweisungen sind nicht ausreichend, erst recht nicht gestützt auf nicht mehr verbindliche Mindestsätze der HOAI 2021.

Die vorstehend aufgeführten Grundsätze bestätigte das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem hier besprochenen, jüngsten Beschluss. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Sachverhalt

Ein Ingenieur bietet Leistungen der energetischen Fach- und Gebäudeplanung an. Er fasst die angebotenen Leistungen in wenige, recht umfassende Leistungspositionen zusammen, die jeweils bepreist wurden. Hieraus ergibt sich eine Gesamtvergütung von rund 17.000 EUR. Nach der Durchführung eines Teils der Leistungen wird der Vertrag gekündigt. Die Parteien streiten über die Vergütung der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen. Der Ingenieur rechnet zunächst pauschal behauptete Anteile der jeweiligen Leistungspositionen ab, insgesamt rund 15.700 EUR. Sodann stützt der Ingenieur in einer neuen Schlussrechnung die Ermittlung seines Honorars auf § 55 HOAI und rechnet für die erbrachten Leistungen rund 26.000 EUR ab. Das Erstgericht spricht dem Ingenieur nur einen Teil des geforderten Honorars in Höhe von rund 3.000 EUR zu. Der Ingenieur verfolgt seine zuletzt abgerechneten Honoraransprüche im Wege der Berufung weiter.

Entscheidung

Zu Unrecht. Die Abrechnung des Honorars durch den Ingenieur ist unschlüssig und rechtsirrig. Das Berufungsgericht weist die Berufung daher als offenkundig ohne Aussicht auf Erfolg per Beschluss zurück. Der streitgegenständliche Ingenieurvertrag wurde nach dem 31.12.2020 geschlossen. Einschlägig ist damit die HOAI in der seit 01.01.2021 geltenden Fassung, § 57 Abs. 2 HOAI. Der Versuch des Ingenieurs die erbrachten Teilleistungen auf Basis der nicht mehr verbindlichen und vorliegend auch nicht vereinbarten Mindestsätze nach HOAI abzurechnen, geht damit fehl.

Auch im Weiteren ist die Abrechnung der erbrachen Teilleistungen unschlüssig. Der Ingenieur bewertete die erbrachten Teilleistungen je Leistungsposition, ohne nähere Begründung mit Prozentsätzen. Aufgrund der Zusammenfassung zahlreicher Leistungen in den jeweils angebotenen Pauschalen, ohne näher aufgegliederte Einheitspreise, ist der Vertrag wie ein Detailpauschalvertrag abzurechnen, mit der Besonderheit mehrerer Teilpauschalen. Der Ingenieur hätte darlegen müssen, welche Leistungen zu den jeweiligen Teilpauschalen insgesamt zu erbringen gewesen wären, welche Leistungen er im Einzelnen erbrachte und welcher Anteil der jeweiligen Teilpauschale hierauf entfallen.

Zuletzt weist das Berufungsgericht auf die Regelungen aus §§ 650p, 650r BGB hin. Hiernach hätte der Ingenieur zunächst die wesentlichen Planungs-und Überwachungsziele ermitteln und dem Auftraggeber zur Genehmigung vorlegen müssen. Diese Ziele waren bei Auftragserteilung nicht ermittelt und somit auch nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Der Auftraggeber hat nach Vorlage der Unterlagen zu den Planungs- und Überwachungszielen ein Sonderkündigungsrecht. Vergütung für Leistungen nach dieser Zielfindungsphase sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes nicht geschuldet.

Praxishinweis

Die vorliegende Entscheidung dient als Negativbeispiel einer missglückten Abrechnung des gekündigten Architekten- und Ingenieurvertrages und zeigt die Kriterien einer korrekten Abrechnung auf. Bei gekündigten Bauverträgen, oder Architekten-und Ingenieurverträgen, sind die erbrachten Teilleistungen grundsätzlich „von unten“ abzurechnen. Dies bedeutet, die erbrachte Leistung ist vollständig darzulegen, sowie die vertraglichen Preise hierfür zuzuordnen. Bei teilweiser Erbringung einheitlich bepreister Leistungen, wie beispielsweise in einem Detailpauschalvertrag, ist die vorstehend bereits durch das Berufungsgericht aufgezeigte, weitere Differenzierung erforderlich. Eine erleichterte Abrechnung „von oben“, also der Abzug des Wertes nicht mehr erbrachter Restleistung von geringem Umfang vom insgesamt pauschal vereinbarten Werklohn ist nur bei Pauschalpreisverträgen möglich, wenn die beauftragten Leistungen im Wesentlichen erbracht sind.

Mit seinem Versuch durch eine neue Schlussrechnung doch noch höhere Mindestsätze nach HOAI durchzusetzen, scheitert der Ingenieur hier erwartungsgemäß. Verbindliche Mindest-und Höchstsätze bei anderweitiger Honorarvereinbarung gehören der Vergangenheit an.

(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2023 - 22 U 153/23)

 

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