Dezember 2012 Blog

Wirksamwerden der Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils

Ein Beschluss über die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils, der nicht nichtig ist, entfaltet unabhängig von der Leistung einer Abfindung bereits mit der Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter Wirksamkeit. Sorgen die verbleibenden Gesellschafter nicht dafür, dass die Abfindung aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, so haften sie dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 24. Januar 2012 (Az. II ZR 109/11) entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Gesellschafter der beklagten GmbH seinen einzigen Mitgesellschafter, den hiesigen Kläger, mittels der im Gesellschaftsvertrag zugelassenen zwangsweisen Einziehung des Geschäftsanteils aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Eine nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags innerhalb von zwei Jahren zu leistende Abfindung hatte der Kläger bis zur Entscheidung des BGH nicht erhalten. Im Rahmen des vor dem BGH anhängigen Verfahrens begehrte der Kläger die Feststellung des Zustandekommens eines Beschlusses, der in einer nach dem Einziehungsbeschluss abgehaltenen Gesellschafterversammlung mit Hilfe seiner Stimmen zustande gekommen sein sollte. Der BGH hat das Begehren abgelehnt und klargestellt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits nicht mehr Gesellschafter und damit auch nicht stimmberechtigt gewesen sei.

Zunächst wiederholt der BGH seine Auffassung, nach der ein Einziehungsbeschluss nichtig sei, wenn bereits bei Beschlussfassung feststehe, dass die Abfindung nur unter Verletzung der über § 34 Abs. 3 GmbHG anwendbaren Kapitalerhaltungsregelungen (§ 30 Abs. 1 GmbHG) gezahlt werden könne. Anschließend erklärt der BGH, dass die Einziehung in allen anderen Fällen mit der Mitteilung über die Beschlussfassung an den ausgeschlossenen Gesellschafter wirksam werde. Die Wirksamkeit sei unabhängig von der Zahlung eines geschuldeten Abfindungsentgelts.

Der BGH erteilt unter anderem der bisher in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht eine Absage, nach der die Wirksamkeit der Einziehung aufschiebend bedingt durch die Abfindungszahlung sei. Zwar sei der ausgeschlossene Gesellschafter davor zu schützen, dass man sich den wirtschaftlichen Wert seines Anteils aneigne, ohne ihm eine Abfindung zu zahlen. Dies könne jedoch durch eine anteilige Haftung der verbleibenden Gesellschafter gewährleistet werden, ohne dass dies die Wirksamkeit der Einziehung beeinflussen müsse.

Als wesentliches Argument für seine Auffassung bemüht der BGH die erheblichen Nachteile des mit der genannten Gegenauffassung verbundenen Schwebezustandes. Dieser habe zunächst das Verbleiben des Gesellschafters zur Folge, was insbesondere dann problematisch sei, wenn die Einziehung wegen in der Person des ausgeschlossenen Gesellschafters liegender Gründe erfolge, die einen Verbleib für die anderen Gesellschafter gerade unzumutbar machten. Auch eine Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte während des Schwebezustands könne das Problem nicht lösen, da ihr genauer Umfang eine stete Quelle neuen Streits darstelle. Schließlich schütze der Schwebezustand den ausgeschlossenen Gesellschafter auch in den Fällen, in denen sich später herausstelle, dass die Auszahlung ohne Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgen könne. In derartigen Situationen sei der Schutz jedoch nicht erforderlich. Im Gegenteil: Die Gesellschaft würde weiterhin mit der Mitgliedschaft des „Störenfrieds“ belastet.

Die vorliegende Entscheidung beseitigt insofern Unsicherheiten, als sie klarstellt, dass ein Einziehungsbeschluss, sofern keine Nichtigkeit vorliegt, bereits Wirkung entfaltet, bevor eine Abfindung gezahlt wurde. Grundsätzlich ist der ausgeschiedene Gesellschafter also nicht mehr wie ein solcher zu behandeln. Konfliktpotential bietet jedoch weiterhin die Frage, ob der Einziehungsbeschluss nichtig ist, weil bereits bei Beschlussfassung feststand, dass eine Abfindung nur unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsregeln möglich sein würde. Eine Möglichkeit, das Problem der Kapitalerhaltung zu lösen, besteht in der Praxis darin, dass sich die verbleibenden Gesellschafter unter Verzicht auf einen Rückgriff gegen die Gesellschaft verpflichten, die Abfindung aus ihrem eigenen Vermögen zu leisten.

(BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 (Az. II ZR 109/11))

Rechtsanwalt Florian Puschmann

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