Januar 2013 Blog

Zur Mietminderung bei sogenannten Umgebungsmängeln

Der Bundesgerichtshof hat unlängst klargestellt, dass es keinen Mangel an der Mietsache bedeutet, wenn der Vermieter nicht ein den Vorstellungen des Mieters entsprechendes Mietermilieu aufrechterhält.  In der vorgenannten Entscheidung ging es konkret um die Vermietung von Räumlichkeiten an ein Massageinstitut und dem damit angeblich in Zusammenhang stehenden „bordellartigen Betrieb mit sexuellen Dienstleistungen“. Die weiteren Mietflächen waren an zwei Arztpraxen und ein medizinisches Massageinstitut vermietet.

Das medizinische Massageinstitut hatte sich gegenüber dem klagenden Vermieter auf einen Mietmangel berufen, da es der Ansicht war, dass die Vermietung von Räumlichkeiten im selben Objekt an einen Prostitutionsbetrieb zumindest die abstrakte Gefahr einer Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mitmieter begründe. Der BGH hat dieser Auffassung eine Absage erteilt. Nach Ansicht des BGH müsse das „bordellartige“ Massageinstitut zumindest eine unmittelbare Beeinträchtigung der anderen Mieter des Gebäudes bedeuten, um von einem Mangel i.S.v. § 536 I BGB sprechen zu können. Eine Ausdehnung des Mangelbegriffs auf nur mittelbare Beeinträchtigungen sei zu vermeiden; denn solche Umstände seien nicht als Mängel im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren. Daran ändere entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch ein eventueller Verstoß gegen die Sperrbezirksverordnung nichts, auch wenn diese aufgrund der allgemeinen Einsicht geschaffen wurde, dass Prostitutionsbetriebe im innerstädtischen Bereich als potenziell störend und jugendgefährdend anzusehen sind. Aus abstrakt generellen Regelungen, wie etwa einer Sperrbezirksverordnung, könne nicht auf eine konkrete Beeinträchtigung des Mietgebrauchs eines anderen gewerblichen Mieters im selben Gebäude geschlossen werden.

Haben die Parteien eine bestimmte Beschaffenheit des Mietgegenstandes, wie etwa ein bestimmtes Mieterniveau, nicht ausdrücklich vereinbart, so kann sich eine Verpflichtung des Vermieters zur Gewährleistung eines bestimmten Mieter-Mixes allenfalls aus der allgemeinen Verpflichtung des Vermieters ergeben, den vertragsgemäßen Gebrauch des Mietgegenstandes sicherzustellen und den Mieter insoweit vor Störungen desselbigen zu schützen. So hat der Vermieter bei der Vermietung von weiteren Räumlichkeiten in derselben Gewerbeeinheit dafür Sorge zu tragen, dass der Mieter durch die Geschäftstätigkeit der Mitmieter nicht mehr als nur unerheblich in der Nutzung der von ihm angemieteten Gewerberäume beeinträchtigt wird. Allein aus der Vermietung weiterer Räume in dem Mietobjekt an einen Gewerbebetrieb, von dem die abstrakte Gefahr ausgeht, dass andere Mieter im Gebrauch der Mietsache Beeinträchtigungen erfahren, kann aber nicht auf einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Es fehlt in einem solchen Fall an einer konkreten und mehr als nur unerheblichen Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache im Sinne des Gesetzes.

Stellungnahme

Die Entscheidung, welche aus Anlass eines eher exotisch anmutenden Einzelfalles ergangen ist, führt nochmals die zu § 536 Abs. 1 BGB bestehende Dogmatik vor Augen und verdeutlicht, dass situative Umstände (sogenannte Umgebungsmängel) nur unter qualifizierenden Umständen einen Mangel der Mietsache begründen.

Die Entscheidung des BGH verdient uneingeschränkt Gefolgschaft. Bei Ausdehnung des Mangelbegriffs auf nur mittelbare Beeinträchtigungen wegen abstrakter Gefährdung bestünde für jeden gewerblichen Mieter in einer Gewerbeeinheit die Möglichkeit, einen Mietmangel auf der Grundlage geltend zu machen, dass der Mietgebrauch eines anderen Mieters ihn möglicherweise, aber nicht tatsächlich, erheblich beeinträchtige. Im Ergebnis liefe dies auf ein ungeschriebenes Konkurrenzverbot zu Gunsten desjenigen Mieters hinaus, der zuerst einen Mangel der Mietsache geltend macht. Die Entscheidung des BGH fügt sich dadurch bruchlos in den bereits bestehenden Bestand höchstrichterlicher und obergerichtlicher Entscheidungen mit derselben Zielrichtung ein.

(BGH Urteil vom 26.09.2012 – XII ZR 122/11)

Dr. Magnus Dorweiler, Rechtsanwalt / Bettina Buddenberg, Rechtsanwältin

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