Checkliste: Risikomanagement in der Lieferbeziehung

Die Insolvenz eines Geschäftspartners kann gravierende Auswirkungen auf ein Unternehmen haben. Daher sollten Sie in einer erkannten Krisensituation Maßnahmen ergreifen, um sich vor wirtschaftlichen Verlusten zu schützen.

I. Präventive vertragliche Maßnahmen im unkritischen Zeitraum

  • AGB und Rechtswahl – Stellen Sie sicher, dass Ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und nicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ihres Vertragspartners gelten, z. B. durch die Verwendung von Abwehrklauseln. Vorsicht bei beidseitigen Abwehrklauseln: Diese können zur Ungültigkeit aller widersprüchlichen Bedingungen führen, sodass möglicherweise an Stelle individualvertraglicher Regelungen auf das Gesetz zurückgegriffen wird.

Wenn Sie Verträge mit ausländischen Vertragspartnern abschließen, vergewissern Sie sich, dass deutsches Recht gilt und deutsche Gerichte im Falle von Streitigkeiten ausschließlich zuständig sind.

  • Kurze Zahlungsfristen – Vereinbaren Sie kurze Zahlungsfristen. Die gesetzliche Zahlungsfrist beträgt 30 Tage. Hiervon kann durch individuell vereinbarte Zahlungsfristen abgewichen werden.
  • Lizenzverträge – Sind von einem Lizenzgeber gewährte Lizenzen für Sie von Bedeutung, achten Sie im Rahmen der Lizenzverträge auf die Aufnahme vertraglicher Absicherungsmechanismen (Sicherung der Lizenz durch Nießbrauch, Sicherungstreuhand, etc.). Für den Lizenznehmer ist es wichtig, eine Vereinbarung zu treffen, die ihn vor der Insolvenz des Lizenzgebers so gut wie rechtlich möglich schützt, denn der Insolvenzverwalter des Lizenzgebers hat häufig ein Recht, den Lizenzvertrag nicht zu erfüllen.

Der Lizenzgeber sollte sich seinerseits ein vertragliches Kündigungsrecht vorbehalten, das er ggf. auch in der Insolvenz seines Lizenznehmers in Anspruch nehmen kann. Da insolvenzbedingte Kündigungen rechtlich nicht zulässig sind, muss ein vertragliches Kündigungsrecht so ausgestaltet sein, dass es nicht an die Insolvenz als solche anknüpft (z.B. Kündigung aufgrund Verletzung vertraglich festgelegter Pflichten oder Unterschreitung vertraglich vereinbarter Umsatzzahlen).

  • Sicherheiten – Schützen Sie sich mittels Sicherheiten gegen Forderungsausfälle: Eine Möglichkeit hierzu ist die Vereinbarung eines (einfachen, erweiterten oder verlängerten) Eigentumsvorbehalts. Dieser berechtigt Sie im Falle einer Insolvenz Ihres Vertragspartners zur Aussonderung oder Absonderung (je nach Sachverhalt), d.h. die Gegenstände fallen entweder nicht in die Insolvenzmasse (§ 47 InsO) oder Sie sind jedenfalls zur vorrangigen Befriedigung berechtigt (§ 49 InsO). Achten Sie zudem darauf, dass Ihre Waren durch die Anbringung Ihres Firmennamens, Ihres Logos und/oder der jeweiligen Seriennummer des Produktes identifizierbar sind, damit diese im Krisenfall. identifiziert und herausgefordert werden können. Darüber hinaus können Sie sich absichern, indem Ihr Vertragspartner Sicherheiten in Form von Globalzessionen, Bürgschaften, Garantien oder Patronatserklärungen stellt.

II. Präventive Schutzmaßnahmen außerhalb vertraglicher Vereinbarungen im unkritischen Zeitraum

  • Schützen Sie sich gegen das Risiko von Forderungsausfällen durch den Abschluss einer Warenkreditversicherung. Im Falle eines Forderungsausfalls ersetzt die Warenkreditversicherung die ausstehende Forderungssumme. In der Regel wird eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers vereinbart.
  • Halten Sie sich mit Hilfe von Auskunfteien (Schufa, Creditreform, Dun & Bradstreet, etc.) über die Zahlungsfähigkeit Ihrer Vertragspartner auf dem Laufenden.

III. Risikomanagement im Falle einer eingetretenen Krise des Vertragspartners

  • Wenn sich Ihr Vertragspartner in einer Krise befindet, die möglicherweise zu einer Insolvenz führen wird, müssen Sie besonders auf die Risiken der insolvenzrechtlichen Anfechtung achten. Unter bestimmten Umständen kann der Insolvenzverwalter Zahlungen, die Sie von Ihrem Vertragspartner erhalten haben, später auf Basis insolvenzanfechtungsrechtlicher Vorschriften zurückfordern.

Um das Risiko einer Rückforderung erhaltener Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung zu verringern, sollten Sie im Falle einer wirtschaftlichen Krise Ihres Vertragspartners im Hinblick auf neue Leistungen gegen Vorkasse umstellen. Alternativ sollte die Zahlungsfrist so kurz wie möglich gehalten werden (maximal 30 Tage; sog. Bargeschäftsprivileg). Auch im Hinblick auf die Bezahlung von Altforderungen sollte darauf geachtet werden, Anfechtungsrisiken so weit wie möglich zu reduzieren. Ggf. müssen Sie zur Durchsetzung ihrer Forderungen gerichtliche Maßnahmen einleiten, bspw. ein Mahnverfahren. Wenn Sie die Möglichkeit kurzfristiger Vollstreckung haben, sollten Sie das in Betracht ziehen.

  • Die Gewährung neuer Gelder kann ggf. über Treuhandkonstruktionen abgesichert werden.
  • Falls Ihnen mehrere Sicherheiten zur Verfügung stehen, achten Sie darauf, deren Inanspruchnahmen aufeinander abzustimmen. So kann es im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, eine Bürgschaft vorerst nicht in Anspruch zu nehmen und stattdessen vorläufig auf andere Sicherheiten auszuweichen.
  • Ziehen Sie in Betracht, etwaige aufgrund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts bestehende Ermächtigungen Ihres Vertragspartners zur Veräußerung oder Verarbeitung Ihrer Waren oder zur Einziehung von Forderungen zu widerrufen.
  • Unter Umständen ist es von Vorteil, noch vor der Insolvenzantragstellung Ihres Vertragspartners Verträge zu kündigen. Dies kann bspw. für Vermieter relevant werden, für die nach einem Insolvenzantrag eine Kündigungssperre wegen Mietrückständen aus der Zeit vor dem Insolvenzantrag besteht.
  • Wenn Sie eine Warenkreditversicherung abgeschlossen haben, müssen Sie darauf achten, Ihren Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag nachzukommen, um Ihren Versicherungsschutz nicht zu verlieren (z. B. negative Zahlungserfahrungen melden).

Säumige Zahler können eine Gefahr für Ihr Unternehmen darstellen. Achten Sie während der Krise Ihres Geschäftspartners auch auf Ihre eigene Liquidität. Holen Sie bei Bedarf fachkundigen Rat ein.

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