„Alles heißt Alles“ und „Betriebskosten heißen Betriebskosten“
„Sämtliche Betriebskosten“ als Umlagevereinbarung hinreichend bestimmt.
Wieder einmal hat der BGH durch eine neue Entscheidung vom April 2020 lästigem juristischem Geplänkel und Wortklaubereien um Nebenkostenumlagevereinbarungen den Boden entzogen.
Wird in einem Gewerbemietverhältnis vereinbart, dass „sämtliche Betriebskosten“ vom Mieter zu tragen sind, so bedeutet dies nicht nur nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch von Rechts wegen dass 1) damit die „Betriebskosten“ im Sinne der Betriebskostenverordnung umgelegt sind und 2) alle davon.
In wohltuender Weise stellt der BGH in seiner Entscheidung klar, dass der Begriff der „Betriebskosten“ durch die Gesetzeslage und eine jahrzehntelange Rechtspraxis hinreichend bestimmt ist, und zwar nicht nur für Wohnungs- sondern auch Gewerberaummiete. Einer Bezugnahme auf gesetzliche Normen bedarf es nicht. Werden „sämtliche“ Betriebskosten umgelegt, dann sind damit auch „sämtliche“ oder „alle“ Kostenarten der Betriebskostenverordnung gemeint und in der Umlagevereinbarung umfasst. Es müssen keine Kostenarten dazu noch aufgezählt werden.
Etwas anderes kommt auf Basis der gebotenen Vertragsauslegung dann nach §§ 133, 157 BGB in Betracht, wenn die Parteien übereinstimmend ein anderes Verständnis vom Begriff „Betriebskosten“ zugrunde gelegt haben sollten; dann wäre dieses verbindlich (sog. falsa demonstratio).
Für die kautelarjuristische Praxis bringt die Entscheidung willkommene Entlastung. Man fragt sich im Nachhinein, warum es der Rechtsanwenderschaft eigentlich nicht selbst gelingt, sich von derart leidigen Debatten wie der hier entschiedenen zu emanzipieren, sondern immer erst der BGH dem gesunden Menschenverstand zum Sieg verhelfen muss.
(BGH, Urteil v. 8.4.2020, XII ZR 120/18)
Dr. Magnus Dorweiler, Rechtsanwalt
Frankfurt a. M.