März 2020
Blog
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Fusionskontrollverfahren
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind aus fusionskontrollrechtlichen Gründen bei der Deal-Planung und Vertragsgestaltung zu berücksichtigen, insbesondere bei der Festlegung der Fristen, innerhalb derer die Closing-Bedingungen eingetreten sein müssen.
- Verschiedene Verfahrensordnungen bzw. Wettbewerbsbehörden sehen keine Möglichkeit vor, Fusionskontrollanmeldungen elektronisch einzureichen. So gestattet beispielweise das deutsche Bundeskartellamt grundsätzlich keine elektronische Anmeldung von Zusammenschlussvorhaben. Sollte nicht wie bisher per Fax/postalisch eingereicht werden können, muss daher mit der zuständigen Behörde geklärt werden, welche Kommunikationswege unter den gegebenen Umständen zugelassen werden. In Deutschland ist das Vorgehen derzeit mit der zuständigen Beschlussabteilung abzustimmen. Für die weitere und Sicherstellung der Kommunikation hat das Bundeskartellamt jedoch ein zusätzliches E-Mail-Postfach für jede Beschlussabteilung eingerichtet; die Adressen finden sich auf der Webseite des Bundeskartellamts bei den „Corona-Maßnahmen“.
- Aufgrund personeller Engpässe, der Schwierigkeiten, die sich für die Fallbearbeitung aus der Arbeit von zuhause ergeben (manche Wettbewerbsbehörde ist darauf IT-seitig nicht hinreichend eingestellt) und längerer Rückmeldefristen z.B. von angeschriebenen Marktteilnehmern werden sich voraussichtlich die Bearbeitungsfristen verlängern, d.h. die Wettbewerbsbehörden werden entgegen bislang verbreiteter Praxis die gesetzlichen Fristen auch in einfach gelagerten Fällen ausschöpfen. Zugleich muss damit gerechnet werden, dass verstärkt argumentiert wird, die Anmeldung sei unvollständig, die gesetzliche Frist also noch gar nicht in Gang gesetzt.
- Soweit nach der anwendbaren Verfahrensordnung möglich, ist damit zu rechnen, dass Wettbewerbsbehörden auf Verlängerung der Fristen oder – sofern dies nicht möglich ist –Rücknahme der Anmeldung drängen werden. In bestimmten Jurisdiktionen kann es zu einer Suspendierung administrativer Fristen kommen oder bereits gekommen sein. Die EU Kommission wiederum hat dazu aufgerufen, von Anmeldungen derzeit abzusehen und wird u.U. darauf hinwirken, Vorhaben um einige Monate zu verschieben. Das Bundeskartellamt bittet darum, „in jedem Einzelfall zu überdenken, ob ein Vorhaben in diesen Tagen dem Bundeskartellamt vorgelegt werden muss oder ob dies unter Umständen auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann“. Entsprechende Aufrufe gibt es von anderen Wettbewerbsbehörden.
Daraus folgt:
- Wer bereits angemeldet hat, muss sich auf ungewohnte Verzögerungen einstellen.
- Wer ein Vorhaben anmelden möchte, muss sich erforderlichenfalls mit der zuständigen Behörde über die Einreichung abstimmen, sollte besonderes Augenmerk auf die Vollständigkeit der Anmeldung legen und wird mit Verzögerungen rechnen müssen. U.U. sollte erwogen werden, den Zeitplan nochmals anzupassen. Denn es dürfte regelmäßig nicht zu empfehlen sein, das Vorhaben gegebenenfalls entgegen der Bitte einer Wettbewerbsbehörde anzumelden, die Notifizierung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen.
- Wer gerade einen Deal verhandelt, muss die praktischen Unwägbarkeiten bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen, sollte insbesondere die long stop dates nicht zu knapp bemessen.
Wir halten Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden und unterstützen Sie bei Ihren Vorhaben.
Zur Frage der außenwirtschaftsrechtlichen Genehmigung bei Unternehmenskäufen siehe hier.
Christian Kusulis
Dr. Carsten Bittner
Dr. Markus Sachslehner
(zuletzt aktualisiert am 21.3.2020)