März 2024 Blog

Green Trade Update: EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie und Zwangsarbeitsverordnung

 

Eckpunkte der neuen EU-Lieferkettenrichtlinie und Auswirkungen auf das deutsche LkSG

Kontext

Am 15. März 2024 hat der Rat der Europäischen Union die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, oder abgekürzt: CSDDD) im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) bestätigt.

Nach intensiven Diskussionen ist eine deutliche Verringerung des Anwendungsbereichs der CSDDD im Vergleich zu früheren Entwürfen festzustellen: nur noch rund 5.420 Unternehmen unterliegen direkt den Sorgfaltspflichten der CSDDD. Das sind rund 70% weniger als die ca. 16.400 Unternehmen, die in den Anwendungsbereich des ursprünglichen Entwurfs fielen.

Die formelle Verabschiedung der CSDD muss noch von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments bestätigt werden und wird für April 2024 erwartet.

Inhaltliche Änderungen des derzeitigen CSDDD-Entwurfs

Reduzierter Anwendungsbereich mit weniger betroffenen Unternehmen

Der neue Entwurf der CSDDD ist nunmehr nur noch auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern anwendbar, wenn sie im letzten Geschäftsjahr einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. EUR erwirtschaftet haben. Die Aufteilung in Hochrisikosektoren wurde aufgegeben. Daneben gilt die CSDDD auch für Franchise-Unternehmen, wenn sich die Lizenzgebühren im letzten Geschäftsjahr auf mehr als 22,5 Mio. EUR beliefen und sofern das Unternehmen oder seine oberste Muttergesellschaft im letzten Geschäftsjahr einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 80 Mio. EUR erzielt hat. Weiterhin betrifft die CSDDD auch Drittlandsunternehmen außerhalb der EU unmittelbar, wenn diese oder ihr unmittelbares Mutterunternehmen einen Nettojahresumsatz von mehr als 450 Mio. EUR innerhalb der EU erwirtschaftet haben oder Franchisegeber sind, sofern die Lizenzgebühren im letzten Geschäftsjahr mehr als 22,5 Mio. EUR darstellen und das Unternehmen oder sein unmittelbarer Mutterkonzern im letzten Geschäftsjahr einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 80 Mio. EUR erwirtschaftet hat. Hierfür soll von dem Europäischen Netzwerk der Aufsichtsbehörden, das von der EU-Kommission zusammengesetzt wird, eine indikative Liste der Drittlandsunternehmen aufgestellt werden, die der CSDDD unterliegen.

Längere Umsetzungszeiträume

Neben der enormen Anhebung der Schwellenwerte in Bezug auf die Beschäftigtenanzahl und Nettojahresumsätze der verpflichteten Unternehmen wurden insbesondere längere Umsetzungszeiträume eingeführt. Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettojahresumsatz von mindestens 1,5 Mrd. EUR sind drei Jahre nach Inkrafttreten der CSDDD verpflichtet- wahrscheinlich ab Mitte 2027. Der Umsetzungszeitraum für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und mindestens 900 Mio. EUR Nettojahresumsatz beträgt vier Jahre -ab Mitte 2028- und Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Nettojahresumsatz von mindestens 300 Mio. EUR (Mindestschwelle) haben fünf Jahre Zeit, bis sie nach der CSDDD verpflichtet sind– ab Mitte 2029. Die Umsetzungszeiträume für Drittlandsunternehmen entsprechen denjenigen der EU-Unternehmen, doch ist die Anzahl der Beschäftigten hier unerheblich.

Sorgfaltspflicht zur Erstellung eines Klimaschutzplans

Die menschen- und umweltbezogenen Rechtspositionen der CSDDD sind deckungsgleich mit denen des Lieferkettengesetzes (LkSG), gehen aber weiterhin über die für das LkSG relevanten Rechtspositionen hinaus. Insbesondere die Sorgfaltspflichten in Bezug auf den Klimaschutz sind enthalten, wurden aber in den letzten Verhandlungen abgeschwächt. Der ursprüngliche Entwurf der CSDDD sah vor, dass die verpflichteten Unternehmen einen Klimaschutzplan aufstellen müssen und finanzielle Anreize in Form von Boni für Vorstandsmitglieder vorgesehen werden sollten.

Der aktuelle Entwurf verzichtet auf finanzielle Anreize und sieht nur noch eine Bemühenspflicht für Unternehmen hinsichtlich der Zielerreichung des Klimaschutzplans vor („which aims to ensure, through best efforts, that the business model and strategy of the company are compatible with the transition to a sustainable economy and with the limiting of global warming to 1.5 °C in line with the Paris Agreement“). Daneben sind Unternehmen, die bereits nach der CSRD zur Aufstellung eines Klimaschutzplans verpflichtet sind, von dieser Sorgfaltspflicht nach der CSDDD ausgenommen.

Wertschöpfungskette mit Schwerpunkt auf vorgelagerte Geschäftstätigkeit

Auch die Definition der „Wertschöpfungskette“ wurde in dem aktuellen Entwurf der CSDDD angepasst. Nun konzentrieren sich die Sorgfaltspflichten der Unternehmen größtenteils auf die vorgelagerte Wertschöpfungskette („Upstream“) und nur noch teilweise auf die nachgelagerte Lieferkette („Downstream“). Erfasst sind nur noch Vertrieb, Transport und Lagerung, jedoch keine Entsorgung, des Produkts bei direkter Ausführung für das verpflichtete Unternehmen. Indirekte geschäftliche Beziehungen des Downstream-Bereichs unterfallen nicht mehr den Sorgfaltspflichten.

Der Aufbau der Sorgfaltspflichten, insbesondere hinsichtlich des Risikomanagements, ähnelt denjenigen des LkSG. Einschneidende Unterschiede finden sich jedoch auf der Ebene der Rechtsfolgen.

Zivilrechtliche Haftung und höhere Geldstrafen und Sanktionen

Das LkSG sieht keine zivilrechtliche Haftung der verpflichteten Unternehmen vor. Diese findet sich jedoch weiterhin in dem neuen Entwurf der CSDDD, unter eingeschränkten Voraussetzungen. Unternehmen können nur haften, wenn sie einen Schaden selbst und direkt verursacht haben. Eine Haftung außerhalb des eigenen Einflussbereichs ist nicht vorgesehen. Eine Kompensation erfolgt nach nationalen Maßstäben und ein Strafschadensersatz ist nicht möglich. Zudem soll ein Haftungsausschluss vorgesehen sein, wenn der Schaden ausschließlich von einem Geschäftspartner, also direktem Zulieferer, verursacht worden ist.

Sowohl LkSG als auch CSDDD sehen Sanktionen im Falle der Nichterfüllung der Sorgfaltspflichten vor. Das LkSG lässt Bußgelder von bis zu 800.000 EUR zu. Für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Mio. EUR können Geldbußen bis zu 2% des durchschnittlichen Jahresumsatzes verhängt werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, Unternehmen von Aufträgen der öffentlichen Hand auszuschließen.

Auch die CSDDD sieht Bußgelder auf Grundlage des weltweiten Nettojahresumsatzes der jeweiligen Unternehmen vor. Die Höchstgrenze der Geldbußen beträgt hier jedoch 5% des weltweiten Nettojahresumsatzes. Daneben sollen die Namen der sanktionierten Unternehmen mindestens fünf Jahre lang veröffentlicht und an das Europäische Netzwerk der Aufsichtsbehörden übermittelt werden („naming and shaming“).

Auswirkungen auf das deutsche LkSG

Die jüngste Änderung des belgischen Kompromisses bedeutet, dass das EU-Gesetz mehr Unternehmen verschonen würde als das bestehende LkSG. Sein Anwendungsbereich wird derzeit nur durch die Anzahl der Beschäftigten eines Unternehmens bestimmt, für die der Schwellenwert ab 2024 auf 1.000 angehoben wird.

Aufgrund der doppelten Kriterien für die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes (Jahresumsatz und Beschäftigtenzahl - letztere liegt ebenfalls bei 1.000 oder mehr) wären nun 65 Prozent weniger inländische Unternehmen in Deutschland betroffen. Damit würde sich die Zahl der betroffenen deutschen Unternehmen auf etwa 1.500 reduzieren.

Im Zuge der Umsetzung in nationales Recht wird auch das deutsche LkSG an die Vorgaben der CSDDD angepasst. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere der Anwendungsbereich entsprechend reduziert werden wird. Die Änderungen treten jedoch erst ab dem folgenden Zeitpunkt in Kraft:

Mai/Juni 2024:

 

Die CSDDD tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

 

Mai/Juni 2026:

(2 years after entry into force)

 

Die EU-Mitgliedstaaten müssen die CSDDD in nationales Recht umsetzen, in Deutschland durch Änderung des LkSG.

 

2027

(3 years after entry into force)

 

Die CSDDD ist anzuwenden für Unternehmen mit

  • mehr als 5.000 Mitarbeitern
  • mehr als 1,5 Milliarden EUR Umsatz
 

2028

(4 years after entry into force)

CSDDD anwendbar für Unternehmen mit

  • mehr als 3.000 Beschäftigten
  • mehr als 900 Millionen EUR Umsatz
 

2029

(5 years after entry into force)

 

CSDDD anwendbar für Unternehmen mit

  • mehr als 1.000 Beschäftigten
  • mehr als 450 Mio. EUR Umsatz.
 

EU Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten voraussichtlich ab Mitte 2027 gültig

Nur zwei Tage vor der Verabschiedung der CSDDD im Rat hat dieser auch die Verordnung über ein Importverbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten (Forced Labour Regulation, oder abgekürzt: FLR) angenommen.

Das Hauptziel der FLR besteht darin, zu verbieten, dass Produkte, die unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden, in die EU eingeführt, auf dem Binnenmarkt bereitgestellt oder aus diesem exportiert werden. Der aktuelle Entwurf der FLR umfasst auch den Onlinehandel, sofern sich das Verkaufsangebot an Bürgerinnen und Bürger der EU richtet.

Die nationalen Behörden können bei der Feststellung eines Verstoßes gegen das Importverbot unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, darunter die Verhängung von Einfuhrverboten, der Rückruf von bereits auf dem Binnenmarkt bereitgestellten Produkten, die Beschlagnahme von Waren, insbesondere im Rahmen der Einfuhr, sowie die Verhängung von Bußgeldern.

Die FLR sieht jedoch keine Beweislastumkehr vor, wie beispielsweise der US-amerikanische Uyghur Forced Labor Prevention Act. Die nationalen Behörden haben nach der FLR weiterhin den Beweis zu erbringen, dass das jeweilige Produkt unter Zwangsarbeit hergestellt wurde. Hierfür soll eine Datenbank mit Leitlinien, bereits verhängten Einfuhrverboten und identifizierte Hochrisikobranchen und –regionen veröffentlicht werden.

Die FLR tritt zwar bereits am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft- voraussichtlich Mitte 2024. Sie gilt jedoch nach dem aktuellen Verordnungsentwurf erst drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten in den Mitgliedstaaten, voraussichtlich also erst ab Mitte 2027. Dennoch ist es bereits jetzt für Unternehmen empfehlenswert, ein produktbezogenes Risikomanagement – im Einklang mit dem deutschen LkSG bzw. der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie – aufzubauen.

 

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