Vergaberecht: Bewertungsmethode muss nicht veröffentlicht werden
Die bisher bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Anforderungen an die Bewertungsmethode bei öffentlichen Vergaben hat der EuGH in einem aktuellen Urteil erfreulicherweise deutlich abgemildert und damit für mehr Rechtsklarheit gesorgt.
Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 16.12.2015 - Verg 25/15) hatte zuletzt für erhebliche Unsicherheit bei der Angebotswertung gesorgt. Nach Auffassung des Vergabesenats folgt aus dem Transparenzgrundsatz, dass der öffentliche Auftraggeber durch die Angabe von Unterkriterien verdeutlicht, worauf es ihm im Rahmen der Wertung besonders ankommt. Darüber hinaus sollen die Unterkriterien aber auch mit einem Bewertungsmaßstab angegeben werden, damit für die Bieter zu erkennen ist, unter welchen Voraussetzungen das Angebot welchen Erfüllungsgrad aufweist. Die bekannten Schulnotensysteme seien diesbezüglich unzureichend. Die damit in der Praxis hervorgerufenen Probleme werden durch eine aktuelle Entscheidung des EuGH (Urteil vom 14.07.2016, C - 6/15) abgemildert. Danach ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, die angewandte Bewertungsmethode überhaupt zu veröffentlichen.
Sachverhalt
Die flämische Regierung schrieb im Jahr 2012 eine Datenerhebung über das Wohnungswesen bzw. den Wohnkonsum europaweit aus. Zuschlagskriterien waren Preis und Qualität zu gleichen Anteilen. Der Auftraggeber bewertete die Qualität der eingereichten Angebote mit "hoch", "ausreichend" oder "niedrig", ohne dies zuvor den Bietern mitzuteilen. Hiergegen wandte sich ein unterlegener Bieter vor dem Staatsrat. Dieser legte daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob öffentliche Auftraggeber generell verpflichtet sind, die Bewertungsmethode, anhand der sie eine konkrete Bewertung der Angebote vornehmen und eine Rangfolge erstellen, in die Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen aufzunehmen respektive ob diese Verpflichtung unter bestimmten Umständen gilt.
Entscheidung
Nach Ansicht des EuGH müssen die Vergabekriterien zunächst von Beginn des Verfahrens an klar bestimmt sein. Der Auftraggeber darf keine Zuschlagskriterien und Gewichtungsregeln anwenden, die er den Bietern nicht zuvor mitgeteilt hat. Art. 53 Abs. 2 VKR und die bisherige Rechtsprechung des EuGH verpflichten den Auftraggeber hingegen nicht, die Bewertungsmethode in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen anzugeben. Die Bewertung der Angebote muss vielmehr mit einem gewissen Freiraum des Auftraggebers einhergehen. Dieser muss in der Lage sein, die spezifische Wertungsmethode flexibel an das konkrete Vergabeverfahren anzupassen. Unzulässig ist lediglich eine mittelbare Änderung der Zuschlagskriterien oder ihrer Gewichtung über die angewandte Bewertungsmethode. Die Erarbeitung der Bewertungsmethode nach Öffnung der Angebote ist daher im Regelfall unzulässig.
Diese Entscheidung belässt dem Auftraggeber seinen - erforderlichen - Spielraum im Rahmen der Angebotswertung. Ob das OLG Düsseldorf in der Folge seine restriktivere Rechtsprechung aufgibt, bleibt abzuwarten. Gezwungen ist es hierzu wohl nicht, in der Praxis wäre es aber zu begrüßen, da es regelmäßig kaum möglich ist, eine Bewertungsmethode vorab derart detailliert festzulegen, wie es bisher gefordert wird.
Wir werden Sie selbstverständlich über die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich informieren.
EuGH, Urteil vom 14.07.2016 (Az.: C - 6/15)
Nils-Alexander Weng, Rechtsanwalt
Düsseldorf