März 2013 Blog

Urheberrechtsschutz für Presseerzeugnisse

Voraussichtlich ab dem 1. Juni 2013 werden Presseverleger den Schutz des Urheberrechtsgesetzes für ihre Erzeugnisse beanspruchen können. Der Bundesrat hat am 22. März darauf verzichtet, zu einer Gesetzesvorlage des Bundestages den Vermittlungsausschuß anzurufen. Das sog. Siebente Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, dessen wesentliche Botschaft in zwei Sätzen formuliert ist, hat im Vorfeld für erheblichen Wirbel gesorgt.

Nach dem neuen § 87f UrhG hat der Hersteller eines Presseerzeugnisses das ausschließliche Recht, dieses oder Teile davon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handele sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Teil 1 der Botschaft. Dazu ist klarzustellen, dass der Schutz im wesentlichen dem hauptberuflichen Verlag gilt, also nicht jedem, der aus Spaß ein Presseerzeugnis „herstellt“. Was ist nun ein Presseerzeugnis? „Die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und nicht überwiegend der Eigenwerbung dient.“ Der Botschaft 2. Teil. Dieser Satz ist eine Frechheit, wenn man bedenkt, dass den „Verlegern“ einerseits, den Nutzern = potentiellen Verletzern andererseits durch ein Gesetz, das diesen Gegenstand regelt, auch Rechtssicherheit gegeben werden soll. So, nur höflicher, hat es auch der Bundesrat kritisiert. Das Gesetz sei „handwerklich schlecht gemacht“. Trotzdem hat er es passieren lassen.

Den Verfassern des Gesetzes ist ein Vorwurf allerdings kaum zu machen. Der Widerspruch sitzt in der Sache selbst. Das Gesetz soll, nach der Intention der Verfasser des ersten Entwurfs und des Bundestages, die Presse vor allem vor einer kostenlosen, aber für die Verwerter lukrativen, systematischen Verwertung aufwendig hergestellter und für die Informationsversorgung der Bevölkerung notwendiger Produkte schützen. Das ist ehrenwert und richtig. Nach der Intention der Verfasser der im letzten Augenblick in das Gesetz gelangten Einschränkung soll das Gesetz gerade für Suchmaschinen aber nur eingeschränkt gelten. Sie sollen ihre Suchergebnisse – nach der Anmerkung des Rechtsausschusses – „kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechte der Rechteinhaber zu verstoßen.“. Was ist „kurz“, was ist „bezeichnen“? Was soll es bedeuten, dass nach der Gesetzesbegründung nur die „systematische“ Verwertung erfasst ist, der Wortlaut des Gesetzes davon aber nichts enthält? Welches Gewicht hat diese Argumentationshilfe des Rechtsausschusses im Verhältnis zur inhaltlichen Vorgabe des Bundestages? Auch die Ausnahme für „Wörter und kleinste Teile“ ist aber richtig und wichtig. An Wörtern kann es kein Ausschließlichkeitsrecht geben. Im Markenrecht ist es übrigens anders, hier sind aber die Lobbyschwergewichte anders verteilt und reicht auch das Ausschließlichkeitsrecht nicht ganz so weit wie im Urheberrecht.

Was soll nun praktisch gelten? Man wird jeweils vom Normalfall her prüfen müssen, außerdem bedenken, dass das übrige Urheberrecht durch den Leistungsschutz für die Presse nicht außer Kraft gesetzt ist. Der Gesetzgeber will nicht, dass ganze Artikel oder Teile von Presseartikeln, solange es sich nicht um einzelne Wörter handelt, ohne Lizenz des Presseverlages „öffentlich zugänglich gemacht werden“. Das geht regelmäßig schon heute nicht, nur ergibt sich der Schutz für den Verleger in der Regel nur abgeleitet, über die Rechte seiner Autoren. Inhalte, die die „Presseverleger“ (s.o.) selbst schon im Internet öffentlich zugänglich machen, sind schon öffentlich zugänglich. Sie werden dann, wenn nur auf sie verlinkt wird, nicht erneut öffentlich zugänglich gemacht; anders, wenn der Inhalt selbst wiedergegeben wird. Die Technik ist elastisch, die Grenzen deshalb fließend. Wer Inhalte in einer Weise in das Internet einstellt, dass aufgrund der Umstände damit zu rechnen ist, dass er die öffentliche Wiedergabe durch Dritte will, vielleicht sogar ausdrücklich will – so z.B. der Verfasser dieses Artikels -, ist allemal einverstanden mit der „öffentlichen Zugänglichmachung“. Er kann ein Leistungsschutzrecht gegen Dritte nicht durchsetzen. Auch ist ohne weiteres und nach wie vor zulässig, jemanden, auch im Internet, über einen Artikel und dessen Inhalt zu informieren. Das Urheberrecht verbietet das Lesen nicht, auch nicht das Denken und das Weiterempfehlen, alles also, was in einem anspruchsvollen Sinn mit Informationsverarbeitung zu tun hat. Es ist deshalb auch nicht die Informationswirtschaft gewesen, die sich gegen das Leistungsschutzrecht stark gemacht hat, sondern die Informationstechnologiewirtschaft.

Wer wie vom neuen Leistungsschutzrecht Gebrauch machen wird, ist nicht abzusehen, ebensowenig, wie die Gerichte es von Fall zu Fall richten werden. Es bleibt also spannend.

Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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