Zur Reichweite des Gutglaubensschutzes beim Erwerb von GmbH-Anteilen
Zur Reichweite des Gutglaubensschutzes beim Erwerb von GmbH-Anteile
Hat der Gesellschafter einer GmbH seinen Geschäftsanteil aufschiebend bedingt abgetreten, so kann er ihn vor Eintritt der Bedingung nicht wirksam an einen sogenannten Zweiterwerber veräußern. Dies gilt auch, wenn der Zweiterwerber im Hinblick auf die aufschiebend bedingte Abtretung gutgläubig ist.
Mit Beschluss vom 20.09.2011 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil an einer GmbH vor Bedingungseintritt nicht von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden kann.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ist nach § 16 Abs. 3 GmbHG grundsätzlich der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen von einem Nichtberechtigten möglich, sofern dieser als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Bislang ungeklärt und kontrovers diskutiert war die Frage, ob dieser Gutglaubensschutz sich auch auf solche Fallkonstellationen erstreckt, in denen ein gutgläubiger Dritter einen Geschäftsanteil, der bereits aufschiebend bedingt abgetreten worden ist, erwirbt.
Dies ist insbesondere im Rahmen von M&A-Transaktionen bedeutsam, da häufig die Geschäftsanteile aufschiebend bedingt – z.B. durch die Zahlung des Kaufpreises – abgetreten werden.
Der BGH hat nun klargestellt, dass ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil nicht vor Bedingungseintritt von einem Dritten gutgläubig erworben werden kann. Der vielfach in der Literatur vertretenen Gegenauffassung wurde eine Absage erteilt, da die Gesellschafterliste nach Ansicht des BGH nur eine Aussage über die Gesellschafterstellung, nicht aber über Belastungen des Geschäftsanteils bzw. Beschränkungen der Verfügungsmacht trifft. Begründet hat der BGH seine Entscheidung zunächst mit dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG, in dem etwaige Verfügungsbeschränkungen des Gesellschafters nicht angesprochen seien. Gleiches gelte im Übrigen auch für die Freiheit des Geschäftsanteils von etwaigen Belastungen. Dementsprechend sei auch ein lastenfreier Erwerb von Geschäftsanteilen, die mit einem Pfand- oder Nießbrauchsrecht belastet sind, nach überwiegender Auffassung nicht möglich. Gleiches gelte schließlich im Hinblick auf vinkulierte Geschäftsanteile.
Abschließend hat der BGH erklärt, dass die infolge der Beschränkungen nur in engem Rahmen geschaffene Möglichkeit, die bei einer Abtretung von Geschäftsanteilen gebotenen Prüfungen fortan zu unterlassen, dem Willen des Gesetzgebers entspreche. Die Gesetzgebungsgeschichte, in deren Rahmen der gutgläubige lastenfreie Erwerb diskutiert aber nicht umgesetzt worden sei, zeige, dass der Gesetzgeber die damit verbundenen Einschränkungen bewusst in Kauf genommen habe.
Durch diese Entscheidung erübrigt sich die in der Praxis zum Teil anzutreffende Aufnahme eines Hinweises auf die aufschiebend bedingte Abtretung in der Gesellschafterliste. Ein solcher Hinweis ist schon deshalb nicht mehr erforderlich, da gerade kein gutgläubiger Erwerb eines Zweiterwerbers möglich ist und somit der Ersterwerber bereits ausreichend geschützt ist. Es ist zudem davon auszugehen, dass in Zukunft die Registergerichte eine entsprechende Gesellschafterliste zurückweisen werden. Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass für Erwerber auch weiterhin eine gesellschaftsrechtliche Due Diligence hinsichtlich des zu erwerbenden Geschäftsanteils erforderlich und dringend anzuraten ist.
(BGH, Beschluss vom 20.09.2011 – II ZB 17/10)
Rechtsanwalt Florian Puschmann / Rechtsanwalt Dr. Lars Weber